Aktuelles
Die Enquetekommission zur Verbesserung des Kinderschutzes und zur Verhinderung von Missbrauch und sexueller Gewalt an Kindern hat diesen Montag ihren Abschlussbericht vorgestellt. Die Kommission war vom niedersächsischen Landtag nach Bekanntwerden der Missbrauchsfälle in Lügde gebildet worden, um Fragestellungen im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch zu erörtern und konkrete Handlungsvoschläge zu erarbeiten.
Der Abschlussbericht verwendet leider eine stellenweise unpräzise Terminologie und enthält insbesondere keine scharfe Definition des Begriffs Pädosexualität, der an einigen Stellen als Synonym für Pädophilie und an anderen Stellen als Bezeichnung für Missbrauchstäter verwendet wird. Ebenso wird auf Basis des inzwischen veralteten ICD-10 argumentiert, dass Pädophilie eine Krankheit sei, was wir grundsätzlich anders sehen.
Dennoch enthält der Bericht auch einige Forderungen zum Themenbereich Pädophilie, die wir für sinnvoll halten und voll unterstützen. Dazu zählt insbesondere:
- Der Abbau von Vorurteilen in der Gesellschaft und bei Fachkräften. Speziell solle der Unterschied zwischen Pädophilie und Kindesmissbrauch vermittelt werden.
- Mehr und niedrigschwellige Hilfsangebote für pädophile Menschen, auch in Form von Online-Therapieplattformen
- Medienkampagnen zur Entstigmatisierung und Wissensvermittlung zum Thema Pädophilie in der Gesamtgesellschaft
- Vermehrte Forschung zur Wirkung von Pornografie mit kindlich aussehenden Darsteller:innen sowie kindlichen Sexpuppen
Der knapp 140 Seiten lange Bericht kann hier auf der Webseite des Landtags Niedersachsens heruntergeladen werden
In Texas ist letzte Woche eine Englischlehrerin entlassen worden, nachdem sie Aussagen gegen die Stigmatisierung pädophiler Menschen in ihrem Unterricht geäußert hat. Darüber berichteten diverse englischsprachige Medien, unter anderem das US-Nachrichtenportal NBC News. Der Fall hat Aufmerksamkeit erzeugt, nachdem ein Videoclip mit ihren Aussagen auf TikTok veröffentlicht wurde.
In dem Video sagt die Lehrerin unter großen Protest der Schüler:innen, dass der Begriff „Pädophil“ durch den weniger stigmatisierenden Begriffs MAP (Minor Attracted Person) ersetzt werden sollte. Das Video ist gerade einmal 15 Sekunden lang, ihre Äußerungen daraus können damit in ihrer Gesamtheit hier wiedergegeben werden (Übersetzung von uns).
Hört auf, sie so zu bezeichnen. Ihr dürft sie nicht so nennen. […] Wir nennen sie nicht so. Wir werden sie als „MAPs“ bezeichnen, Minor Attracted Persons. Verurteilt keine Menschen, nur weil sie Sex mit Fünfjährigen haben wollen!
Aussagen einiger ihrer Schüler:innen zu Folge sind die Sätze aus dem Kontext gerissen und waren eigentlich als pädagogische Taktik gedacht, um ihre Schüler:innen dazu herauszufordern, gegen scheinbar „absurde“ Positionen zu argumentieren. Ihre provokante Formulierung („nur weil sie Sex mit Fünfjährigen haben wollen“) scheint diese Interpretation zu stützen. Dies ist für sich genommen schon schlimm genug – schließlich ist es nicht ausgeschlossen, dass sich in ihrer Klasse auch pädophile Schüler:innen befinden könnten, für die es äußerst belastend ist, wenn die ganze Klasse für ihre Verurteilung und Ablehnung argumentieren soll.
Noch erschreckender ist es allerdings, dass ein 15-Sekunden-Clip mit einer Aussage, die sich (scheinbar) für eine humanere Behandlung pädophiler Menschen ausspricht ausreicht, um eine 30-jährige Karriere von jetzt auf gleich zu beenden. Nicht nur das, auf diversen Nachrichtenportalen wird die Lehrerin mit vollem Name sowie Bildern von ihr, ihrem Mann und ihren zwei Enkelkindern bloßgestellt. Entsprechend kursieren auf Twitter bereits zahlreiche Mord- und Gewaltandrohungen gegen sie und gegen pädophile Menschen im Allgemeinen – allem Anschein nach von Nutzern, die davon ausgehen, dass sie ihre Aussagen ernst gemeint hat.
Der Fall erinnert an die Kontroverse um Dr. Allyn Walker, der im November letzten Jahres von xies Stellung als Professor für Soziologie und Strafrecht an der Old Dominion University zurückgetreten ist. Dr. Walker war zuvor massiv bedroht und unter Druck gesetzt worden, nachdem xies Forschung zum Teil falsch dargestellt wurde und vor allem xies Aussagen, dass nicht alle pädophile Menschen Straftäter seien und Verachtung verdienen, empörte Proteste Tausender Student:innen ausgelöst hat.
Wir haben ja bereits über den Podcast „Kein Täter Werden - Ein Leben mit Pädophilie“ berichtet und einen ersten Eindruck dazu veröffentlicht. Dabei haben wir angenommen, dass, da die Folgen bereits fertig gedreht sind, es zu spät wäre, sich dorthin zu wenden um uns selber dazu zu äußern. In einer späteren Folge hatte Nico Walz dann allerdings darauf aufmerksam gemacht, dass man sich bei Fragen oder Anmerkungen gerne bei ihm melden könne und hat auch noch nachträglich einige der Leute die sich gemeldet haben, zu Wort kommen lassen. Wir haben uns deshalb kurzerhand entschlossen dieses Angebot ebenfalls anzunehmen. Dabei haben wir ihm unsere Kritikpunkte per Mail genannt, woraufhin wir eine freundliche Antwort erhalten haben, und eingeladen wurden, uns dazu in einem kleinen Interview mit ihm zu äußern. Das Gespräch war angenehm und unser Interviewpartner recht aufgeschlossen - Wir sind jedenfalls sehr froh, diese Chance erhalten und genutzt zu haben.
Die Folge könnt ihr euch hier anhören: Sirius und Ruby sind pädophil und führen trotzdem eine glückliche Ehe
Auf dem International Film Festival in Toronto, Kanada, findet nächste Woche die Weltpremiere eines weiteren Filmes statt, der sich mit dem Thema Pädophilie beschäftigt. Der Film „Sparta“ des österreichischen Regisseurs Ulrich Seidl ist die Fortsetzung des auf der diesjährigen Berlinale gezeigten Films „Rimini“. Aus der Inhaltszusammenfassung des Filmfestivals geht hervor, dass sich der Film die Geschichte eines Mannes folgt, der mit seiner Freundin nach Rumänien auswandert und sich dort mit seiner bisher unterdrückten Pädophilie auseinandersetzen muss.
Noch vor der Weltpremiere umkreisen den Film allerdings negative Schlagzeilen und schwere Vorwürfe. Einem ausführlichen Bericht des Spiegels zu Folge waren die Dreharbeiten durch rücksichtsloses Ausnutzen der minderjährigen rumänischen Schauspieler gekennzeichnet. So seien die Eltern der Kinder gar nicht über das Thema des Films aufgeklärt und unter Vorwänden vom Filmset ferngehalten worden. Kinder seien ohne Vorbereitung oder psychologische Betreuung in belastende und traumatisierende Situationen gebracht worden, in denen sie mit Gewalt, Nacktheit und Alkoholismus konfrontiert wurden. In einigen Fällen sollen die minderjährigen Schauspieler sogar gewaltsam dazu gezwungen worden sein, sich vor laufender Kamera auszuziehen.
Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, handelte es sich bei den Dreharbeiten um nichts anderes als Kindesmissbrauch. Womit aus dem Film im Wortsinn wohl eines werden würde: eine Missbrauchsdokumentation. Seidl selber streitet die Vorwürfe in einer Stellungnahme ab und bezeichnet sie als „unzutreffende Darstellungen, Gerüchte oder aus dem Kontext gerissene Vorkommnisse am Set.“
Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, hat Verbänden und den Ministerien einen umfangreichen Maßnahmenkatalog gegen Queerfeindlichkeit vorgelegt. Der Maßnahmenkatalog ist derzeit nicht öffentlich einsehbar, laut der Webseite Schwulissimo hat Lehmann allerdings einige der Inhalte gegenüber der dpa bereits offenbart. So soll das Maßnahmenpaket neben Aufklärungsprojekte an Schulen und einem Gremium für geschlechtsneutrale Sprache insbesondere auch Antidiskriminierungsmaßnahmen und die Erweiterung des Gleichbehandlungsartikels im Grundgesetz um den Aspekt der sexuellen Identität enthalten.
Es bleibt abzuwarten, inwiefern diese Maßnahmen auch Auswirkungen auf das Leben pädophiler Menschen haben werden. Zu befürchten ist leider, dass Pädophilie explizit ausgeschlossen ist. Schon heute ist etwa die Antidiskriminierungsstelle des Bundes der Ansicht, dass der Begriff „sexuelle Identität“ Pädophilie nicht mit einschließt, und begründet dies mit der (falschen) Annahme, dass pädophile Neigungen grundsätzlich unter Strafe stehen würden. Auch aus anderen Gleichstellungsmaßnahmen, wie etwa dem 2020 beschlossenem Verbot der Werbung für Konversionstherapien, wurden Pädophile ohne stichfeste Begründung explizit ausgeschlossen.
Dieser arbiträre Ausschluss pädophiler Menschen aus Antidiskriminierungsmaßnahmen wird häufig mit Falschaussagen und Fehlinformationen begründet, wie etwa, dass Pädophilie eine Krankheit oder schon grundsätzlich strafbar sei. Daher kann gar nicht oft genug betont werden, dass Pädophile keine Tat und eine reine pädophile Neigung damit natürlich genauso wenig strafbar wie eine homosexuelle Neigung ist. Pädophile Menschen haben genauso Schutz vor Diskriminierung und Hasskriminalität verdient, wie andere queere Menschen auch.
Über die Umsetzung des Katalogs soll noch im Laufe dieses Jahr abgestimmt werden.
Dieses Wochenende findet auf dem Fünf Seen Filmfestival die Premiere des Films „Yellow is the Sky“ statt. Das Zweitwerk der Regisseurin Laura Kansy beschäftigt sich der Beschreibung auf ihrer Webseite zu Folge mit dem Thema Pädophilie und dem Umgang damit. Die durchaus interessant klingende Inhaltszusammenfassung liest sich wie folgt (Übersetzung aus dem Englischen von uns):
Ein Ateliergebäude, Greenscreen-Wände, eine Familie beim Abendessen und ein Vater, der seiner Partnerin etwas erzählen will. Er fühlt sich sexuell zu Kindern hingezogen. Es ist Sommer. Draußen zirpen die Grillen in der Nacht. Der Mann, Philip, ist erleichtert es endlich jemanden erzählt zu haben. Und seine Frau Anna fühlt sich, als ob ihr der Boden unter den Füßen weggerissen wurde.
Und während draußen neuer Rasen im Garten verlegt wird, treten weitere Figuren auf: Da ist Xaver, der sich in einem Jungen in seiner Nachbarschaft verliebt hat, und Mereille, die von dem Verhalten ihres Freundes schockiert ist, und Thomas, der sich aus Scham mehr und mehr von seinen Freunden distanziert.
Was heißt es, mit Pädophilie zu leben? Als Betroffener, als Partnerin? Als Vater und als Freund? Was bedeutet es für einen Freundeskreis und deren Alltag? Und während Antworten gesucht werden, bleiben die Greenscreen-Wände leer.
Der Film wird noch heute Abend in Gauting sowie morgen Abend in Seefeld gezeigt. Interessierte können hier Karten erwerben: Seite des FSFF.
Da wir selber nicht anwesend sein können, sind wir für Eindrücke und Kritiken zu diesem Film sehr dankbar. Meldet euch gerne über das Kontaktformular. Filmkritiken können auch in Form eines Gastbeitrags auf dem Weblog “Kinder im Herzen eingereicht werden.
Die Master-Studentin Antonia Martin sucht aktuell nach Teilnehmer:innen für eine Studie über die Gründe für den Abbruch einer Psychotherapie. Unten findest du den Aufruf zur Studienteilnahme, den wir an dieser Stelle gerne weiterleiten.
Sehr geehrte Besucher:innen dieser Seite,
Im Rahmen meiner Masterarbeit an der Technischen Universität Chemnitz suche ich Teilnehmer:innen für meine Studie, welche die individuellen Gründe für den Abbruch einer Psychotherapie bei Menschen, die sich als pädophil und/oder hebephil wahrnehmen, untersucht.
Dafür führe ich eine Online-Umfrage durch. Das Ziel ist es, individuelle Gründe und Umstände für einen Psychotherapieabbruch besser zu verstehen und Psychotherapieangebote auf die Bedürfnisse der Betroffenen anzupassen, um ihnen besser helfen zu können.
Teilnehmen können alle über 18-jährigen Personen, die sich selbst als pädophil und/oder hebephil einschätzen und die schon einmal eine Psychotherapie, in der ihre sexuelle Präferenz thematisiert wurde, vorzeitig abgebrochen haben. Auch teilnehmen können Personen, bei denen diese Psychotherapie durch den oder die Therapeut:in vorzeitig abgebrochen wurde.
Ihr individuelles Feedback zu den Gründen für Psychotherapieabbrüche ist für Forschung und Praxis höchst wertvoll und daher würde ich mich freuen, wenn Sie an der Umfrage teilnehmen würden.
Über diesen Link gelangen Sie zu der selbstverständlich anonymen Umfrage: https://limes.phil.tu-chemnitz.de/index.php?r=survey/index&sid=254751&lang=de
Vielen Dank und freundliche Grüße Antonia Martin
Eine Bestätigung über die Betreuung der Masterarbeit von der TU Chemnitz liegt uns vor.
Der „Kein Täter Werden“ (KTW) - Standort der Universität Ulm hat in Zusammenarbeit mit dem Radiosender Donau 3 FM einen sechsteiligen Podcast zum Thema Pädophilie erstellt. In dem Podcast kommt neben der Therapeutin Elisabeth Quendler-Adamo und den Therapeuten Matthias Möhrle und Jamie Knoblauch der Uniklinik Ulm auch der Patient Michi zu Wort, der an vier Kindern sexuelle Übergriffe begangen hat.
Auch wenn es durchaus löblich ist, dass an mehreren Stellen sehr deutlich gemacht wird, dass Pädophilie und Missbrauch nicht dasselbe sind, wird doch sehr deutlich, dass die Motivation für die Arbeit mit Pädophilen vormals in Prävention begründet liegt. Dieser Blickwinkel fördert eine Betrachtungsweise, in der Pädophile wenn nicht Täter, dann doch mindestens potenzielle Täter sind. Dies zeigt sich zum Beispiel daran, dass Frau Quendler-Adamo an einer Stelle Pädophile in ein Dunkel- und Hellfeld einteilt, womit wieder impliziert wird, dass alle Pädophile Straftäter sind.
Damit werden die grundsätzlich guten Anti-Stigma-Botschaften der bisher veröffentlichten Folgen leider wieder ziemlich abgeschwächt. Hilfreich ist dabei auch nicht, dass Michi selber mehrfacher Täter ist und als einziger Pädophiler in diesen Folgen zu Wort kommt, und laut eigener Aussage den „Hass verstehen kann“. Viele Aussagen treffen möglicherweise auf Straftäter zu, können aber nicht ohne weiteres auf Pädophile im Allgemeinen übertragen werden – leider findet an dieser Stelle bisher keine hinreichende Differenzierung statt.
Fragwürdig ist außerdem, dass Pädophilie auch von den Therapeut:innen als Krankheit bezeichnet wird. Dies ist so nicht korrekt. Pädophilie ist keine Krankheit, sondern kann maximal zu einer Störung werden, wenn Fremdgefährdung oder Leidensdruck hinzu kommt, was auf die KTW-Patient:innen zutreffen mag, nicht aber auf alle pädophile Frauen und Männer. So steht es im aktuellen DSM sowie im neusten ICD, der Anfang dieses Jahres in Kraft getreten ist.
Bis jetzt sind die ersten zwei der sechs Folgen veröffentlicht und können über diesen Link angehört werden.
Das BKA berichtet in einer am Dienstag veröffentlichten Pressemitteilung über die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Kriminalität in Deutschland. Zusammenfassend wurde bei den meisten Delikten ein Rückgang der Fallzahlen beobachtet. Einen deutlichen Ausreißer bilden Straftaten im Zusammenhang mit Kinderpornographie, wobei im starken Kontrast zum allgemeinen Trend im Jahr 2021 mehr als doppelt so viele Fälle registriert wurden, wie noch vor der Pandemie 2019. Das BKA führt dies in der Pressemitteilung darauf zurück, dass die „Gelegenheiten für Straftaten“ sich während der Pandemie vermehrt hätten und suggeriert damit, dass sich auch die Anzahl der tatsächlich begangenen Straftaten stark erhöht haben.
Damit unterschlägt die Pressemitteilung allerdings einige wichtige Tatsachen, die sich zum Teil im ausführlichen Bericht zur Entwicklung der Kriminalität während der Pandemiejahre finden lassen.
- Mehr erfasste Fälle bedeutet nicht mehr Fälle insgesamt. Straftaten im Zusammenhang mit Kinderpornographie finden größtenteils im Dunkelfeld statt. Mehr erfasste Fälle kann also auch einfach bedeuten, dass ein größerer Bereich des Dunkelfeldes aufgedeckt wird. Laut Bericht lassen sich viele Fälle durch vermehrte Hinweise vom National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) erklären. Zudem hat vor allem NRW sehr viel mehr Ressourcen in die Verfolgung von Sexualstraftaten gegen Kinder investiert. Dementsprechend ist es nur zu erwarten, dass auch mehr Fälle gefunden werden.
- Mitten in der Pandemie wurden die Strafen signifikant erhöht. Insbesondere wurden Straftaten im Zusammenhang mit Kinderpornographie zu einem Verbrechen hochgestuft, was unter anderem zur Folge hat, dass Gerichte auch in minder schweren Fällen Verfahren nicht mehr einstellen können. Außerdem wurde Anfang 2021 die Definition von Kinderpornographie erweitert, und schließt seitdem zum Beispiel auch Bilder von schlafenden Kindern in „aufreizender“ Körperhaltung ein.
- Ein signifikanter Anstieg der Fälle geht auf Kinder und Jugendliche als Täter zurück. Der Anteil Minderjähriger unter den Tatverdächtigen hat sich in den letzten Jahren stark gesteigert, 2021 war fast jeder zweite Tatverdächtige nicht volljährig. Bei diesen Fällen handelt es sich oft um die unbedachte Verbreitung von Bildern über soziale Medien.
Die Schlussfolgerung, dass es einen drastischen Anstieg an Straftaten gegeben hat, lässt sich aus den vorhandenen Zahlen also nicht ohne weiteres ziehen. Trotzdem wurden die Aussagen der Pressemitteilung unkritisch von einigen Medien übernommen, darunter zum Beispiel n-tv.
Derartige Aussagen sind aus mehreren Gründen problematisch. Zum einen wird das Stigma gegen pädophile Menschen dadurch indirekt weiter befördert, da viele Menschen nicht zwischen Sexualstraftätern und Pädophilen differenzieren. Erst im Mai dieses Jahres hat etwa NRW-Innenminister Herbert Reul etwa in der Tagesschau nach Veröffentlichung der polizeilichen Kriminalstatistik für 2021 pauschal allen Pädophilen den Krieg erklärt.
Nicht zuletzt wird der vermeintliche Anstieg an Straftaten im Bereich Kinderpornographie gerne benutzt, um für Maßnahmen wie die Vorratsdatenspeicherung oder die Chatkontrolle zu werben. Gerade letztere wird von Bürgerrechtlern als ein noch nie dagewesener Angriff auf das Recht auf private Kommunikation und die Unschuldsvermutung bezeichnet und ist auch unter Kinderschutzorganisationen stark umstritten. Auch deswegen ist es wichtig, derartige Zahlen und Meldungen kritisch zu hinterfragen und einzuordnen.
Siehe dazu auch: netzpolitik.org: das Raunen vom millionenfachen Missbrauch
Jasmin Knittweis von der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg möchte in ihrer Bachelorarbeit die Frage beantworten, ob der öffentliche Umgang mit der Pädophilie negative Einflüsse auf die Prävention des Missbrauchs hat. Hierzu sucht sie Pädophile, welche an einer Umfrage hier teilnehmen. Dafür fragt sie ab wann ihr die Neigung erkannt habt, ob und wann ihr euch offenbart habt, was zur Prävention beitragen könnte und, falls ihr euch offenbart habt, was die Konsequenzen waren.
Zu beachten ist, dass eure Daten hierfür auch für zukünftige Analysen gespeichert werden und die Antworten, vollständig anonymisiert, veröffentlicht werden sollen.