Aktuelles

Das BKA berichtet in einer am Dienstag veröffentlichten Pressemitteilung über die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Kriminalität in Deutschland. Zusammenfassend wurde bei den meisten Delikten ein Rückgang der Fallzahlen beobachtet. Einen deutlichen Ausreißer bilden Straftaten im Zusammenhang mit Kinderpornographie, wobei im starken Kontrast zum allgemeinen Trend im Jahr 2021 mehr als doppelt so viele Fälle registriert wurden, wie noch vor der Pandemie 2019. Das BKA führt dies in der Pressemitteilung darauf zurück, dass die „Gelegenheiten für Straftaten“ sich während der Pandemie vermehrt hätten und suggeriert damit, dass sich auch die Anzahl der tatsächlich begangenen Straftaten stark erhöht haben.

Damit unterschlägt die Pressemitteilung allerdings einige wichtige Tatsachen, die sich zum Teil im ausführlichen Bericht zur Entwicklung der Kriminalität während der Pandemiejahre finden lassen.

  1. Mehr erfasste Fälle bedeutet nicht mehr Fälle insgesamt. Straftaten im Zusammenhang mit Kinderpornographie finden größtenteils im Dunkelfeld statt. Mehr erfasste Fälle kann also auch einfach bedeuten, dass ein größerer Bereich des Dunkelfeldes aufgedeckt wird. Laut Bericht lassen sich viele Fälle durch vermehrte Hinweise vom National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) erklären. Zudem hat vor allem NRW sehr viel mehr Ressourcen in die Verfolgung von Sexualstraftaten gegen Kinder investiert. Dementsprechend ist es nur zu erwarten, dass auch mehr Fälle gefunden werden.
  2. Mitten in der Pandemie wurden die Strafen signifikant erhöht. Insbesondere wurden Straftaten im Zusammenhang mit Kinderpornographie zu einem Verbrechen hochgestuft, was unter anderem zur Folge hat, dass Gerichte auch in minder schweren Fällen Verfahren nicht mehr einstellen können. Außerdem wurde Anfang 2021 die Definition von Kinderpornographie erweitert, und schließt seitdem zum Beispiel auch Bilder von schlafenden Kindern in „aufreizender“ Körperhaltung ein.
  3. Ein signifikanter Anstieg der Fälle geht auf Kinder und Jugendliche als Täter zurück. Der Anteil Minderjähriger unter den Tatverdächtigen hat sich in den letzten Jahren stark gesteigert, 2021 war fast jeder zweite Tatverdächtige nicht volljährig. Bei diesen Fällen handelt es sich oft um die unbedachte Verbreitung von Bildern über soziale Medien.

Die Schlussfolgerung, dass es einen drastischen Anstieg an Straftaten gegeben hat, lässt sich aus den vorhandenen Zahlen also nicht ohne weiteres ziehen. Trotzdem wurden die Aussagen der Pressemitteilung unkritisch von einigen Medien übernommen, darunter zum Beispiel n-tv.

Derartige Aussagen sind aus mehreren Gründen problematisch. Zum einen wird das Stigma gegen pädophile Menschen dadurch indirekt weiter befördert, da viele Menschen nicht zwischen Sexualstraftätern und Pädophilen differenzieren. Erst im Mai dieses Jahres hat etwa NRW-Innenminister Herbert Reul etwa in der Tagesschau nach Veröffentlichung der polizeilichen Kriminalstatistik für 2021 pauschal allen Pädophilen den Krieg erklärt.

Nicht zuletzt wird der vermeintliche Anstieg an Straftaten im Bereich Kinderpornographie gerne benutzt, um für Maßnahmen wie die Vorratsdatenspeicherung oder die Chatkontrolle zu werben. Gerade letztere wird von Bürgerrechtlern als ein noch nie dagewesener Angriff auf das Recht auf private Kommunikation und die Unschuldsvermutung bezeichnet und ist auch unter Kinderschutzorganisationen stark umstritten. Auch deswegen ist es wichtig, derartige Zahlen und Meldungen kritisch zu hinterfragen und einzuordnen.

Siehe dazu auch: netzpolitik.org: das Raunen vom millionenfachen Missbrauch


Jasmin Knittweis von der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg möchte in ihrer Bachelorarbeit die Frage beantworten, ob der öffentliche Umgang mit der Pädophilie negative Einflüsse auf die Prävention des Missbrauchs hat. Hierzu sucht sie Pädophile, welche an einer Umfrage hier teilnehmen. Dafür fragt sie ab wann ihr die Neigung erkannt habt, ob und wann ihr euch offenbart habt, was zur Prävention beitragen könnte und, falls ihr euch offenbart habt, was die Konsequenzen waren.

Zu beachten ist, dass eure Daten hierfür auch für zukünftige Analysen gespeichert werden und die Antworten, vollständig anonymisiert, veröffentlicht werden sollen.


Der Podcast für Kriminalpolitik und Strafrecht „Jetzt erst Recht“ hat am 23.02.22 seine neueste Folge veröffentlicht. Diese setzt sich kritisch mit den „Pedo Hunters“ auseinander und kann über Spotify angehört werden: https://open.spotify.com/episode/611F47bL5ktOq5P79ObZI6


Bereits letztes Jahr verkündete die Pressestelle von „Kein Täter werden“ (KTW), dass der Standort des Projekts in Regensburg wieder eröffnet werden sollte. Zuvor musste der Standort für zwei Jahre stillgelegt werden, als der damalige Leiter, Michael Osterheider, in den Ruhestand trat. Regensburg wird damit - neben Bamberg und München - zum dritten Standort des Präventionsprojekts in Bayern.

In einem Artikel in der Süddeutschen berichtet nun der neue Leiter der Regensburger Stelle, Prof. Dr. Thomas Loew, von den Schwierigkeiten bei der Suche nach geeigneten Therapieräumen. Abgesehen von den logistischen Herausforderungen, die sich durch die besonderen Anforderungen an Anonymität für die Klienten ergeben, sei dabei vor allem die Stigmatisierung des Themas Pädophilie ein großes Problem gewesen. „Sobald ich den eventuellen Vermietern mitteilte, wofür wir die Räume nutzen würden, wollten auch renommierte Institutionen uns nicht hinter ihren Mauern haben,“ berichtet Loew von den Auseinandersetzungen mit potenziellen Vermietern, die insgesamt mehr als ein halbes Jahr gedauert haben. Zusammenfassend sagt er: „Ich kam mir irgendwann vor, als hätte ich die Pest.“

Diese Schilderungen zeichnen ein erschreckendes Bild davon, wie sehr die Stigmatisierung von Pädophilie nicht zuletzt auch dem Kinderschutz im Wege steht. KTW ist ein auch international etabliertes Projekt, dessen primäres Ziel die Prävention von Kindesmissbrauch ist. Wenn selbst diesem Projekt keine Räumlichkeiten vermietet werden, zeigt dies, wie groß die Angst ist, auch nur indirekt mit Pädophilie in Verbindung gebracht zu werden – und dass diese Angst im Zweifelsfall groß genug ist, um die Unterstützung eines Angebots zu verhindern, das zur Prävention von Kindesmissbrauch geeignet ist.


Am 01. Januar diesen Jahres ist die 11. Version des ICD offiziell in Kraft getreten. Der ICD ist das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegebene Diagnosehandbuch, in dem alle von der WHO anerkannten körperlichen und psychischen Krankheiten aufgelistet sind.

Mit der 11. Version ist eine lange Liste von Änderungen umgesetzt worden. Entscheidend für das Thema Pädophilie ist dabei vor allem, dass Pädophilie darin nicht mehr grundsätzlich als Krankheit zählt. Eine sogenannte „pädophile Störung“ (Code 6D32) kann zwar immer noch diagnostiziert werden, allerdings nur dann, wenn der Betroffene stark unter seiner Pädophilie leidet oder anderen Schaden zufügt. Während in der Vorgängerversion Pädophilie noch grundsätzlich unter dem Code F65.4 als Krankheit gelistet war, sind somit Pädophile, die unter ihrer Sexualität nicht leiden und niemandem schaden nach ICD-11 nicht als gestört zu betrachten. Dies ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Der ICD-11 ist im Moment noch nur in einer englischen Version verfügbar, an einer deutschen Übersetzung wird derzeit gearbeitet. Es ist zu erwarten, dass nach deren Fertigstellung das Gesundheitssystem in den nächsten Jahren an den ICD-11 angepasst wird und damit auch in Deutschland gültig wird. Grundsätzlich verlangt die WHO, dass nach einer Übergangszeit von fünf Jahren nur noch der ICD-11 eingesetzt wird.

Weiterführende Links


Die Veranstaltung „Frag einen Therapeuten“ in Kooperation mit dem Präventionsprojekt Kein Täter werden war ein voller Erfolg! Es wurden insgesamt fast 40 Fragen zu verschiedenen Themen gestellt – mehr, als wir erwartet hatten. Auch die Abschlussveranstaltung im Chat der P-Punkte ist gut angenommen worden und ermöglichte noch einen persönlicheren Austausch.

Wir bedanken uns an dieser Stelle sehr bei den Mitarbeitenden von KTW für die angenehme Zusammenarbeit und die investierte Zeit!

Die im Rahmen der Veranstaltung gestellten Fragen und Antworten können archiviert hier nachgelesen werden.


Dr. Allyn Walker, Professor für Soziologie und Strafrecht, hat xiesen* Rücktritt von der Old Dominion University zum Ende des laufenden Semesters angekündigt. Dr. Walker ist unter anderem der Ansicht, dass das Stigma gegen Pädophile falsch und nicht zuletzt für den Kinderschutz schädlich ist, und dass man einen Menschen nicht anhand dessen angeborenen und nicht ausgesuchten Sexualität, sondern anhand von Handlungen bewerten solle. Dafür war xier nach einem Interview mit der Kinderschutzorganisation Prostasia unter massiven Beschuss geraten und ist daraufhin zunächst von der ODU beurlaubt worden.

Die Proteste gegen Dr. Allyn Walker, xier sich als transgender identifiziert, beinhalteten unter anderem Androhungen von Gewalt, Morddrohungen und waren zum Teil transphob motiviert. In einem öffentlichen Statement erklärte xier:

Das Ziel meines Stipendiums ist die Prävention von Kindesmissbrauch. Diese Forschung wurde von einigen in den Medien und online falsch dargstellt, zum Teil aufgrund meiner Transidentität. Daraufhin wurden mehrere Drohungen gegen mich und den gesamten Campus ausgesprochen.

Zuvor hatten sich über 60 namhafte Wissenschaftler solidarisch hinter Dr. Walker gestellt und ihre Bestürzung über Dr. Walkers Behandlung und die fehlende Rückendeckung seitens der Leitung der ODU geäußert.

Dr. Walkers Aussagen mögen zwar unpopulär sein, aber sie stehen auf festem wissenschaftlichen Boden und werden von den meisten Experten unterstützt. Die scharfe Kritik beruht auf einem völlig falschen Verständnis und einer stellenweise bewussten Fehlinterpretation, mit der nicht zuletzt auch transphobe Angriffe legitimiert wurden. Es ist äußerst bestürzend, dass derartig vorsätzliche und boshafte Ignoranz nun einem Wissenschaftler die Stelle gekostet hat, einfach nur weil einer lauten und aggressiven Mehrheit die Forschungsergebnisse nicht gefallen haben. Solche Fälle bedrohen die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung und sorgen dafür, dass immer weniger Forscher aus Angst vor Diffamierung in diesem Bereich forschen. Nicht zuletzt ist es naiv zu glauben, willentliche Ignoranz und ein Mangel an Forschung und wissenschaftlichen Erkentnissen würde dazu führen, dass auch nur ein Kind mehr geschützt werden würde.

Denjenigen, die sich wirklich ernsthaft mit Dr. Walkers Thesen auseinandersetzen wollen, können wir nur xies (nur auf Englisch verfügbares) Buch A Long, Dark Shadow Minor-Attracted People and Their Pursuit of Dignity empfehlen. Dr. Walker wünschen wir für xiesen weiteren Weg alles Gute.


(*) Dr. Walker präferiert für sich die geschlechtsneutralen Pronomen they / their. Im Deutschen haben wir hierfür die Pronomen xier / xies gewählt.


Dr. Allyn Walker, Professor an der Old Dominion University (ODU) im US-Bundesstaat Virginia und Autor des Buchs A Long Dark Shadow: Minor-Attracted People and Their Pursuit of Dignity ist am 16. November von der ODU beurlaubt worden. Dr. Walker vertritt unter anderem die These, dass zwischen Missbrauchstätern und Pädophilen unterschieden werden müsse, und das Stigma gegen Pädophile, die keine Straftaten begehen nur dazu führe, dass es weniger Hilfsangebote gibt und Pädophile in eine aussichtslose Situation gedrängt werden. Daher sei es gerade für den Kinderschutz und die Prävention von Straftaten wichtig, das Stigma gegen Pädophile zu bekämpfen. Diese Thesen haben massive Kontroversen ausgelöst und führten dazu, dass Dr. Walker mit Androhungen von Gewalt und öffentlichen Forderungen nach seiner Entlassung konfrontiert wurde.

In der gleichen Woche hat das Global Prevention Project außerdem ihre Webseite und ihren Twitter-Account offline genommen. Das Global Prevention Project bietet, ähnlich wie das deutsche Präventionsnetzwerk Kein Täter werden Therapie für Pädophile an, fokussiert sich dabei aber im Gegensatz zu KTW vor allem auf die Bewältigung der Belastungen, die durch das Stigma entstehen, und richtet sich vor allem an Pädophile, die keine Straftaten begangen haben, und nicht an Dunkelfeld-Täter. Für diesen Ansatz stand das Projekt ebenfalls unter massiven Beschuss.

Ein drittes Beispiel bildet die Kinderschutzorganisation Prostasia. Prostasia unterstützt unter anderem Hilfsangebote wie den Map Support Club, der Unterstützung und Support für Pädophile bereitstellt. Auch Prostasia wurde dafür mehrfach von unterschiedlichen Richtungen angegriffen, zuletzt in einem Video der Youtuberin ShoeOnHead. Zu den Angriffen gehören auch Doxxing und Morddrohungen gegen einzelne Mitglieder der Organisation.

All diese Fälle zeigen gewisse Gemeinsamkeiten. In jedem Fall geht es um einen Ansatz zur Prävention von Kindesmissbrauch durch Reduzierung des Stigmas gegen Pädophile - ein Ansatz, der durch Experten und wissenschaftliche Forschung gestützt wird. Die Angriffe gegen diese Ansätze bestehen zu einem Großteil aus Lügen und Falschdarstellungen. So wurde etwa behauptet, dass Dr. Walker, der sich mehrfach klar und eindeutig gegen sexuelle Handlungen mit Kindern positioniert hat, sich für die Normalisierung von Kindesmissbrauch oder die Legalisierung von Kinderpornographie einsetzen würde.

Diese Fälle sind äußerst besorgniserregend. Selbst für diejenigen, die kein Interesse an dem Wohlbefinden pädophiler Menschen haben, welche keine Straftaten begehen, sollte die Prävention von Kindesmissbrauch ein erstrebenswertes Ziel sein. Die aktuelle Situation führt dazu, dass jeder, der einen sachlichen und rationalen Ansatz für den Umgang mit Pädophilie verfolgt, seine Karriere und unter Umständen sogar sein Leben aufs Spiel setzt. Dies führt zur Unterbindung wichtiger Forschung, die zu neuen und effektiveren Ansätzen für den Kinderschutz führen kann, und verhindert deren Umsetzung, wenn sie sich als unpopulär erweisen sollten. All dies ist ein Zeichen für eine Gesellschaft, für die der ungestrafte Hass und die Ablehnung pädophiler Menschen wichtiger ist, als der tatsächliche Schutz von Kindern.

Als Reaktion auf diese Fälle hat Prostasia einen (nur auf Englisch verfügbaren) Anti-Harrasment Resource Guide als Hilfestellung für alle veröffentlicht, die sich aufgrund ihrer Haltungen zum Thema Pädophilie im öffentlichen Kreuzfeuer wiederfinden. Ein Mitglied des Prostasia-Forums hat außerdem eine öffentliche Petition für die Wiedereinstellung von Dr. Allyn Walker gestartet.


Austausch zum Thema Pädophilie mit dem Präventionsnetzwerk „Kein Täter werden“

Wir laden Euch herzlich ein zu einer Themenwoche und einem abschließenden gemeinsamen Austausch rund um das Thema Pädophilie: Wir möchten ein Gespräch anstoßen über Haltungen und Bedürfnisse, über Stigmatisierung, Behandlung, Sorgen, Ängste und über Hilfe. Dafür schaffen die Selbsthilfegruppe „P-Punkte“ und das Präventionsnetzwerk „Kein Täter werden“ einen Raum, in dem Ihr alle Eure Fragen stellen könnt.

In den Themenwochen vom 12. bis 26.11.21 könnt Ihr auf wir-sind-auch-menschn.de/frag-einen-therapeuten Eure Fragen rund um das Präventionsnetzwerk „Kein Täter werden“ stellen. Innerhalb der beiden Wochen werden diese von Mitarbeitenden des Netzwerks online beantwortet.

Bei der Abschlussveranstaltung am Freitag, den 26.11.21, von 17-18 Uhr werden zwei Vertreterinnen des Präventionsnetzwerks und das Team der „P-Punkte“ anwesend sein, um gemeinsam mit Euch über die aufgekommenen und vielleicht auch neue Themen zu sprechen. Die Veranstaltung wird im Chat der P-Punkte stattfinden und sichert somit eine anonyme Teilnahme für alle Interessierten.

Für eine Teilnahme an der Abschlussveranstaltung am 26.11.2021, bitten wir um eine Registrierung im Chat der P-Punkte bis zum 25.11.2021, 20 Uhr. Für Registrierungen, die danach erfolgen, können wir nicht garantieren, dass diese rechtzeitig zur Veranstaltung freigeschaltet werden. Mehr Informationen erhaltet Ihr auf dieser Seite.

Zu den Veranstaltenden:

Der Selbsthilfechat „Die P-Punkte“ ermöglicht die gegenseitige Unterstützung für pädophile Männer und Frauen in einem moderierten Online-Chat. Der Chat ist zu festen Zeiten zweimal pro Woche geöffnet und kann vollständig anonym genutzt werden. Dadurch wird ein niedrigschwelliger Schutzraum geschaffen, in dem in einem vertraulichen Rahmen über Sorgen, Probleme und Themen gesprochen werden kann, über die viele Teilnehmende sonst mit niemanden reden können. Der direkte Austausch mit anderen Betroffenen erweist sich dabei oft als sehr hilfreich, um Scham und Selbsthass abzubauen und einen gesunden Umgang mit der eigenen Sexualität zu finden. Darüber hinaus gibt es auch für Interessierte und Verbündete die Möglichkeit, sich zu registrieren und in einem separaten Raum mit den Teilnehmenden auszutauschen. Um die Vertraulichkeit der sensiblen Gespräche zu wahren, setzt der Chat auf ein voll verschlüsseltes Matrix-System, das auf eigenen Servern betrieben wird.

Das Präventionsnetzwerk „Kein Täter werden“ bietet deutschlandweit ein kostenloses und durch die Schweigepflicht geschütztes Behandlungsangebot für Männer und Frauen, Erwachsene und Jugendliche, die therapeutische Hilfe suchen, weil sie sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen und darunter leiden. Im Rahmen der Therapie erhalten die betroffenen Personen Unterstützung, um mit ihrer pädophilen oder hebephilen Neigung leben zu lernen, diese zu akzeptieren und in ihr Selbstbild zu integrieren. Wir wollen Menschen, die sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen und unter den damit verbundenen Belastungen leiden, dabei unterstützen, ein zufriedenes Leben zu führen. Ziel ist es, sexuelle Übergriffe durch direkten körperlichen Kontakt oder indirekt durch den Konsum oder die Herstellung von Missbrauchsabbildungen im Internet (sogenannte Kinderpornografie) zu verhindern.


Nur wenige Tage vor der Bundestagswahl sind diesen Mittwoch noch einige neue Gesetze in Kraft getreten. Besonders interessant sind dabei zwei neue Straftatbestände, die in das Strafgesetzbuch (StGB) eingeführt werden.

Verbreitung und Besitz von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern

Der neue §176e StGB stellt die Herstellung, Verbreitung und den Besitz von sogenannten „Missbrauchsanleitungen“ unter Strafe. Missbrauchsanleitungen werden dabei als Inhalte definiert, die Kenntnisse zur Vorbereitung oder Ausführung von Kindesmissbrauch vermitteln. Auch neutrale Texte wie etwa medizinische Lehrbücher, welche Details über die Anatomie von Kindern enthalten, oder Hinweise auf Orte, an denen sich viele Kinder aufhalten, können darunter fallen, wenn diese mit der Absicht verbreitet werden, die Bereitschaft anderer zu fördern oder zu wecken, eine solche Tat zu begehen.

Begründet wurde das Gesetz wie folgt:

Solche „Missbrauchsanleitungen“ können die sexuelle Ausbeutung von Kindern fördern, indem sie eine allgemeine subjektive Geneigtheit fördern, rechtswidrige Taten nach den §§ 176 bis 176d des Strafgesetzbuches (StGB) zu begehen. Es besteht die Gefahr, dass der Umgang mit derartigen Anleitungen die Hemmschwelle absenkt und die Bereitschaft weckt beziehungsweise verstärkt, sexuellen Missbrauch von Kindern zu begehen.

Quelle: Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz

Damit ist ab sofort also auch schon die Verbreitung von Inhalten strafbar, die zur Vorbereitung von Straftaten genutzt werden können. Zumindest fragwürdig ist die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes, da jemand, der plant ein Kind zu missbrauchen sich wohl kaum davon abhalten lässt, dass die Beschaffung einer Anleitung dafür unter Strafe steht. Diese tatsächlichen Missbrauchshandlungen weit vorverlagerte Strafbarkeit wird vom Gesetzgeber auch so erkannt, sei aber laut Gesetzesbegründung geboten, um Kinder effektiv zu schützen. Der Strafrahmen liegt bei Geldstrafe bis drei Jahre Haft (zwei Jahre bei Besitz).

Verhetzende Beleidigung

Mit dem neuen §192a StGB steht nun die Hetze gegen Menschen unter Strafe, die sich auf Nationalität, Religion, Behinderungen oder die sexuelle Orientierung bezieht. Darunter fallen unter anderem Beleidigungen und menschenverachtende Aussagen gegen eine Person aufgrund ihrer sexuellen Orientierung.

Interessant ist hier die Frage, ob die Pädophilie hier unter das Merkmal „sexuelle Orientierung“ fällt und damit auch Pädophile vor Beleidigungen und Hetze geschützt sind. Die Ansicht, dass Pädophilie als sexuelle Orientierung betrachtet werden kann, wird von einer wachsenden Zahl an Wissenschaftlern geteilt, und mit Inkrafttreten des ICD-11 gilt Pädophilie in den Augen der Weltgesundheitsorganisation ab 2022 außerdem nicht mehr als psychische Störung. Anders gesagt: Es gibt gute Argumente dafür, Pädophilie als sexuelle Orientierung und damit von §192a StGB eingeschlossen zu betrachten. Ob die Gerichte dieser Auffassung folgen werden, muss sich allerdings erst noch zeigen.

Hetze, Beleidigungen und menschenverachtende Aussagen gegen Pädophile sind alltägliche Phänomene und gehören fast schon zum guten Ton (zum Beweis, siehe etwa unsere Negativ-Beispiele). Möglicherweise ergeben sich mit dem §192a StGB nun aber neue strafrechtliche Möglichkeiten, dieser Flut Einhalt zu gebieten.