Pädophilie ist keine Tat!

Häufig wird Pädophilie mit dem Missbrauch von Kindern gleichgesetzt. Wichtig ist aber zu verstehen, dass die Pädophilie erst einmal nur ein sexuelles Interesse an Kindern beinhaltet. Pädophilie ist keine Tat! Dieses Interesse bedeutet also nicht, dass jeder pädophile Mensch dem auch nachgeht. Der Großteil der Missbrauchstäter:innen ist gar nicht pädophil, und die meisten pädophilen Menschen missbrauchen nie ein Kind.

Das wirkt für viele zunächst einmal überraschend. Wieso sollte jemand ein Kind missbrauchen, wenn er kein sexuelles Interesse an Kindern hat? Und wie wahrscheinlich ist das schon, dass ein pädophiler Mensch es ein Leben lang schafft, seine Sexualität zu unterdrücken? Tatsächlich haben sexuelle Übergriffe aber nur in den seltensten Fällen etwas mit den sexuellen Präferenzen eines Menschen zu tun. Das wollen wir hier einmal näher erläutern.

Nicht jede:r Täter:in ist pädophil

Je nach Studie geht man davon aus, dass nur etwa 10-40% der sexuellen Übergriffe auf Kinder von pädophilen Menschen begangen werden. In 60-90% handelt es sich hierbei stattdessen um sogenannte Ersatzhandlungstäter:innen. Solche verlieben sich nicht in Kinder und fühlen sich auch nicht sexuell zu Kindern hingezogen, sind also per Definition nicht pädophil.

Wie die Bezeichnung schon aussagt, sind Kinder für diese Gruppe von Täter:innen ein Ersatz für etwas Anderes, das sie eigentlich bevorzugen oder sich wünschen. Es geht hier also um ganz „normale“ hetero – oder homosexuelle Menschen, die ausschließlich an Erwachsenen interessiert sind. Oft handelt es sich dabei um Menschen, denen der soziale Umgang mit anderen erwachsenen Menschen schwerfällt oder die sich dabei unterlegen und wertlos fühlen und denen es deswegen darum geht, eine Machtposition über schwächere Menschen zu erhalten. Andere missbrauchen Kinder aufgrund einer Persönlichkeitsstörung, aus sadistischen Gründen oder psychopathischen Charakterzügen heraus. Zu diesem Tätertyp gehört zum Beispiel der Belgier Marc Dutroux, der über Jahre hinweg Kinder entführt und missbraucht hat.

Die Mehrheit der Täter:innen ist also nicht pädophil. Sie wählen Kinder, weil diese sich körperlich schlechter wehren können und leichter zu manipulieren sind als Erwachsene, sind sexuell aber auf erwachsene Menschen ausgerichtet. Es geht in diesen Fällen also darum, eigene Defizite auf Kosten von Kindern zu kompensieren.

Das bedeutet, dass sexueller Kindesmissbrauch auch dann ein großes Problem bleiben würde, wenn von heute auf morgen alle pädophilen Menschen verschwinden würde. Oder wenn man alle pädophilen Menschen von Kindern fernhalten würde. Die meisten Missbrauchsfälle würden dennoch stattfinden, da Pädophile für diese gar nicht verantwortlich sind.

Nicht jeder pädophile Mensch ist Täter:in

Pädophil zu sein bedeutet in erster Linie, sich sexuell zu Kindern hingezogen zu fühlen. Es heißt aber nicht, diese sexuellen Fantasien und Wünsche auch tatsächlich in der Realität umsetzen zu wollen. Pädophile Menschen haben im Normalfall kein Interesse daran ein Kind zu vergewaltigen, weil sie sich etwas ganz anderes mit und von einem Kind wünschen als ihm (sexuelle) Gewalt anzutun.

Für uns bedeutet pädophil zu sein aber auch nicht nur, dass wir uns sexuell zu Kindern hingezogen fühlen. Vielmehr mögen wir Kinder allgemein und wollen, dass sie glücklich sein und behütet aufwachsen können. Deswegen kommt es für uns überhaupt nicht in Betracht, Kindern Leid zuzufügen. Da das aber höchstwahrscheinlich passieren würde, wenn wir unsere sexuellen Wünsche unter Einbeziehung von Kindern ausleben würden, tun wir dies natürlich auch nicht. In der Hinsicht unterscheiden wir uns nicht von den meisten anderen Menschen.

Pädophilie ist keine Impulskontrollstörung. Sexuelle Wünsche mit Kindern zu haben, heißt nicht, diesen willenlos ausgesetzt zu sein. Wir sind keine triebgesteuerten Tiere, sondern genauso in der Lage, moralische Entscheidungen zu treffen wie andere Menschen auch.

Das heißt natürlich nicht, dass es überhaupt keine pädophilen Menschen gibt, die Kindern Gewalt antun. Manche sind zum Beispiel aus verschiedenen Gründen der Überzeugung, dass einvernehmlicher sexueller Kontakt zwischen Kindern und erwachsenen Menschen möglich sei und handeln auch danach. Bei Anderen spielen Risikofaktoren wie Intelligenzminderungen oder Impulskontrollstörungen eine Rolle, die zu Taten führen können. Das ist aber nicht die Norm und trifft auf die meisten pädophilen Menschen genauso wenig zu wie auf die meisten nicht-pädophilen Menschen. Eine Pädophilie alleine ist nie eine hinreichende Erklärung dafür, dass jemand Straftaten gegen Kinder begeht.