Typische Falschvorstellungen zum Thema Pädophilie

Schon alleine das Wort „Pädophilie“ löst starke emotionale Reaktionen aus. Viele wollen sich mit dem Thema überhaupt nicht auseinandersetzen. Andere haben intiuitive Vorstellungen davon, was Pädophilie bedeutet, die jedoch auf falschen Annahmen basieren. Das Wort wird benutzt, um andere Menschen anzugreifen oder in den Dreck zu ziehen. Und ist inzwischen sogar zu einem Kampfbegriff in der Politik verkommen. Gleichzeitig ist eine sachliche Auseinandersetzung aufgrund der Tabuisierung des Themas fast unmöglich, und so bleibt Pädophilie ein Thema, das von falschen Vorstellungen und Aussagen dominiert wird.

Hier wollen wir auf einige der am weitesten verbreiteten Falschvorstellungen eingehen, auf die wir immer wieder treffen. Es soll hier also darum gehen, was Pädophilie nicht ist. Um zu erfahren, was Pädophilie ist, empfehlen wir vorher den Artikel Was ist Pädophilie zu lesen.

7 Falschvorstellungen zum Thema Pädophilie

#1: Pädophilie ist dasselbe wie Kindesmissbrauch

Pädophilie ist keine Tat, niemand sucht sich aus pädophil zu sein. Die meisten Pädophilen begehen nie eine Straftat und finden den Gedanken genauso schrecklich, wie andere Menschen auch. Auf der anderen Seite zeigt die Forschung, dass die meisten Kindesmissbrauchstäter:innen nicht pädophil, sondern sogenannte Ersatzhandlungstäter sind, die Kinder wegen des Machtgefühls, aus Sadismus oder als Ersatz für einen eigentlich präferierten erwachsenen Sexualpartner missbrauchen.

#2: Nur Männer sind pädophil

Wer sich einen Pädophilen vorstellt, denkt meistens sofort an einen Mann. Eine weit verbreitete Annahme ist die, dass es keine pädophilen Frauen gibt. In den Medien und selbst unter Therapeut:innen und Wissenschaftler:innen gelten pädophile Frauen häufig als Exoten oder seltene Einzelfälle, die aufgrund ihrer Seltenheit nicht besonders beachtet werden brauchen. Deswegen wissen wir über Pädophilie bei Frauen noch weniger als bei Männern - nämlich so gut wie nichts. Was wir aber durchaus wissen, ist, dass Pädophilie bei Frauen vorkommt, und das vermutlich häufiger als bisher gedacht.

#3: Wer sich zu Jugendlichen hingezogen fühlt, ist pädophil

Pädophilie bezeichnet die sexuelle Neigung zu vorpubertären Kindern, im Normalfall also maximal 11 jährige. Jugendliche, die bereits die Pubertät erreicht haben, sind für einen ausschließlich pädophilen Menschen nicht mehr anziehend. Dennoch werden auch Erwachene, die sich zu Jugendlichen hingezogen fühlen, oftmals als pädophil bezeichnet. Häufig findet sich diese Falschvorstellung auch in Kombination mit der Falschvorstellung #1, und so werden etwa Täter:innen, die Jugendliche ausgenutzt oder missbraucht haben, fälschlicherweise als „Fälle von Pädophilie“ bezeichnet.

Passendere Begriffe für die Neigung zu Jugendlichen sind stattdessen Hebephilie bei frühpubertären Kindern und Jugendlichen, oder Parthenophilie bzw. Ephebophilie bei spätpubertären jugendlichen Mädchen bzw. Jungen.

#4: Beziehungen mit einem hohen Altersunterschied sind pädophil

Bei Beziehungen mit einem hohen Alterunterschied wird oft der ältere Beziehungspartner als pädophil bezeichnet, selbst wenn die jüngere Person lange kein Kind und mitunter sogar schon erwachsen ist. Das klassische Beispiel ist hier das Klischee alter, meist wohlhabender Männer mit sehr jungen und gut aussehenden Frauen an ihrer Seite.

Der Altersunterschied spielt bei Pädophilie allerdings keine Rolle. Jemand ist pädophil, sobald eine Ansprechbarkeit auf Kinder vor dem Erreichen der Pubertät vorliegt. Das kann unter Umständen auch der Fall sein, wenn der Altersunterschied vergleichsweise gering ist - wie zum Beispiel bei einem 16-jährigen, der ein 8-jähriges Kind anziehend findet. Beziehungen zu Jugendlichen oder jungen Erwachsenen haben grundsätzlich nichts mit Pädophilie zu tun (siehe auch #2), auch dann nicht, wenn ein Beziehungspartner 50 Jahre älter ist.

#5: Pädophilie ist eine Krankheit

In Europa richten sich Ärzte und Therapeuten bei der Diagnose von Krankheiten und Störungen nach der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Im ICD-11, dem von der WHO herausgegebenen Diagnosehandbuch. Damit jemand als „krank“ zählt, muss entweder ein Leidensdruck oder die Schädigung Dritter vorliegen. Erst, wenn einer dieser beiden Punkte erfüllt ist, spricht die WHO von einer „pädophilen Störung“. Wenn das nicht der Fall ist, dann ist die Pädophilie einfach eine weitere Ausprägung der menschlichen Sexualität, die man zwar nicht mit Kindern ausleben darf, die aber eben nicht zwingend krankhaft ist. Mehr dazu kannst du auf unserer Themenseite Ist Pädophilie eine Krankheit? lesen.

#6: Jeder Pädophile braucht eine Therapie

Man hört oft, dass alle Pädophile unbedingt eine Therapie brauchen, um zu lernen, keine Kinder zu missbrauchen und keine Gefahr mehr für sie zu sein. Grundsätzlich sind Therapien aber nur für diejenigen Pädophilen sinnvoll, die unter ihrer Neigung leiden oder Angst haben, übergriffig zu werden. Dies sind gerade diejenigen, die nach der Definition des ICD-11 unter einer pädophilen Störung leiden (siehe #5).

Wer seine Neigung als einen Teil von sich akzeptiert hat, in dem Bewusstsein, dass er diesen niemals an oder mit einem Kind ausleben darf und ausreichend Empathie, eine gesunde Impulskontrolle und keine geistige Behinderung hat (also keine Risikofaktoren für einen sexuellen Kindesmissbrauch in sich trägt), der braucht auch keine Therapie. Siehe dazu auch unsere Seite zum Thema Therapie.

#7: Bei Pädophilie geht’s nur um das Sexuelle

Die pädophile Neigung wird oft nur auf ihren sexuellen Aspekt reduziert. Mitunter wird Pädophilen sogar bewusst abgesprochen, Kinder zu lieben: so plädiert die Missbrauchsbeauftragte des Bundes etwa dafür, statt von Pädophilie von „Pädosexualität“ zu sprechen, „weil „-philie“ (griech.) Liebe bedeutet“ - und es bei Pädophilie eben nur um das sexuelles Begehren gehe. Dabei unterscheidet sich die Art und Weise, wie die Pädophilie sich ausdrückt nicht von der Teleiophilie. Viele Pädophile können sich in Kinder verlieben und sehen diese als besondere und schützenswerte Persönlichkeiten an. In einer Befragung unter 300 Pädophilen gaben 3/4 an, sich schon einmal in ein Kind verliebt zu haben.

Natürlich gibt es auch Pädophile, bei denen der sexuelle Aspekt ihrer Neigung mehr im Vordergrund steht, aber die Pädophilie nur auf diesen zu reduzieren, ist falsch und beschreibt die Empfindungen der meisten Pädophilen bei weitem nicht ausreichend.