Rechte für Pädophile?
Als pädophiler Mensch ist es gar nicht so einfach, ein glückliches Leben zu führen. Das liegt mitunter daran, wie die Welt mit Menschen wie uns umgeht. Wir wünschen uns, dass wir langfristig mit dieser Seite dazu beitragen können, dass pädophile Menschen eines Tages anstatt bloß am Rand zu stehen, wirklich Teil der Gesellschaft sein können, in der sie leben.
Ist das realistisch? Das können wir auch nicht sagen. Vielleicht kämpfen wir einen Kampf, den wir verloren haben, noch bevor wir ihn überhaupt begonnen haben. Aber wir haben nur eine Chance zu gewinnen, wenn wir überhaupt kämpfen. Aus diesem Grund haben wir einige zentrale Punkte gesammelt, die uns besonders wichtig sind, und die wir versuchen wollen zu erreichen.
Unsere Anliegen
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) soll auch pädophile Menschen vor Diskriminierung schützen.
Das AGG schützt Menschen vor Benachteiligung aufgrund ihrer sexuellen Identität. Pädophilie wird allerdings, obwohl es zweifelsohne ein Teil der sexuellen Identität ist, nicht als darunter eingeschlossen betrachtet. Auch in einer Emailberatung wurde uns dies bestätigt, sodass wir die Antwort in unseren Negativbeispielen verewigt haben. Die Begründung dafür ist, dass Pädophilie im Gegensatz zu anderen sexuellen Identitäten eine Straftat sei, wenn sie ausgelebt wird. Das ist unserer Meinung nach aber kein passendes Argument, da es bei der sexuellen Identität nicht um Handlungen geht, sondern darum, wie man ist und fühlt. Eine sexuelle Neigung alleine macht niemanden zu einer Gefahr.
Aktuell schwebt über uns ein existenzbedrohendes Damoklesschwert. Wir können jederzeit unsere Arbeitsplätze verlieren, wenn unsere Sexualität bekannt wird – ganz besonders dann, wenn wir über unsere Arbeit Kontakt mit Kindern haben. Es darf nicht sein, dass wir keinen gesetzlichen Schutz vor Diskriminierung, Hetze und Verfolgung erfahren, auch dann nicht, wenn wir uns wie andere auch an die Gesetze halten.
Pädophile Menschen dürfen Freude an ihrer Sexualität erleben, wenn die Rechte Anderer dabei nicht verletzt werden.
Es ist richtig, dass sexuelle Handlungen an Kindern sowie Bild- und Videomaterial, das solche Handlungen zeigt, unter Strafe stehen und verurteilt werden. Als pädophiler Mensch hat man abseits dieser schädlichen Handlungen aber eine Vielzahl an Möglichkeiten, die eigene Sexualität auszuleben, ohne dass dabei Kinder zu Schaden kommen. Uns geht es hier zum Beispiel um die Nutzung von pornografischen Zeichnungen und Animationen, fiktiven Geschichten oder auch Sexpuppen.
Aktuell stellt das StGB mit dem § 184l z.B. den Besitz und Erwerb von Puppen mit kindlichem Erscheinungsbild grundsätzlich unter Strafe, während der § 184b den Besitz und die Verbreitung „wirklichkeitsnaher“ Geschehen, sowie die Verbreitung rein fiktiver Inhalte, unter Strafe stellt. Allerdings ist der Paragraph nicht eindeutig formuliert, sodass man sich nicht sicher sein kann, welche Zeichnung, Animation oder fiktive Geschichte unter die Definition „wirklichkeitsnah“ fällt und welche nicht. Dass darin reine Fiktion nicht klar von Material das echte Kinder beinhaltet, getrennt wird, erschwert es letzten Endes sich in einem Rahmen bewegen zu können, der keinem schadet ohne dabei Angst haben zu müssen, dennoch gegen geltende Gesetze zu verstoßen.
Die gesellschaftliche Ächtung von sexuellen Handlungen an Kindern darf sich nicht auf solche Materialien, bei denen keine Kinder zu Schaden kommen, ausweiten. Eine pädophile Neigung lässt sich nicht ändern, deswegen müssen Pädophile für sich einen Umgang damit finden - im besten Fall einen der die Rechte Anderer wahrt und gleichzeitig für sie selbst gesund ist. Es ist wichtig, dass pädophilen Menschen Möglichkeiten dafür zur Verfügung stehen, und nicht jede Option kriminalisiert wird. In unserem Text Menschenwürdige Sexualität erläutern wir unsere Ansichten zu diesem Thema genauer.
Mehr Forschung zum Thema Pädophilie – und das nicht nur aus der Perspektive der Prävention
Wir wissen nicht viel über das Thema Pädophilie. Die meisten Studien wurden entweder an Straftäter:innen durchgeführt oder an Menschen, die sich aus Angst vor einem Übergriff an Therapiestellen wenden. Diese bilden aber nicht unbedingt einen repräsentativen Querschnitt für die Gruppe der pädophilen Menschen. Über den durchschnittlichen pädophilen Menschen, der sich nicht an Therapiestellen wendet und keine Übergriffe begeht, wissen wir so gut wie nichts. Auch über pädophile Frauen, pädophile Jugendliche oder pädophile Transexuelle wissen wir im Grunde nichts, da das Thema bisher fast ausschließlich an (über 18 jährigen) Cis-Männern untersucht wurde.
Hier wünschen wir uns mehr Forschung, die sich mit dem Thema Pädophilie nicht nur unter dem Aspekt der Prävention beschäftigt und pädophile Menschen damit als (potenzielle) Täter:innen untersucht. Nur, wenn wir ein umfassendes Verständnis von Pädophilie haben, können wir uns auch informiert und besonnen mit dem Thema auseinandersetzen.
Mehr Hilfsangebote und Anlaufstellen für pädophile Menschen, die keine Angst haben, einmal übergriffig zu werden.
Schon jetzt gibt es Therapieangebote wie Kein Täter werden, Nicht Täter Werden, Kein Missbrauch oder Keine Gewalt und Sexualstraftat begehen, die sich an pädophile Menschen richten. All diese Anlaufstellen haben aber gemein, dass sie vorrangig Menschen ansprechen, die befürchten Straftaten zu begehen, und die Prävention eventueller Straftaten das oberste Ziel ist. Das psychische Wohlbefinden der Patienten ist der öffentlichen Darstellung dieser Projekte nach im besten Fall ein akzeptabler Nebeneffekt, wird oft aber auch überhaupt nicht als erstrebenswertes Ziel genannt.
Als pädophiler Mensch steht man damit ziemlich alleine da, wenn man zum Beispiel unter Einsamkeit oder den Folgen der Stigmatisierung leidet und Hilfe benötigt, aber nicht in Gefahr schwebt eine Sexualstraftat zu begehen. Diese Gruppe wird von den existierenden Programmen überhaupt nicht angesprochen, und viele Therapeuten außerhalb dieser Projekte lehnen die Behandlung pädophiler Menschen pauschal ab. Hier braucht es mehr Anlaufstellen, welche die Behandlung psychischer Folgeprobleme bei pädophilen Menschen im Fokus haben. Dies hat z.B. Dr. Allyn Walker, Professor für Soziologie und Strafrecht, ebenfalls erkannt und dazu wertvolle Forschungsarbeit geleistet, bevor xier u.A. aufgrund von Gewaltandrohungen von xiesen Position an der Old Dominion University zurückgetreten ist.
Auch Selbsthilfegruppen ohne therapeutische Anbindung können eine gute Möglichkeit sein, sich weniger einsam zu fühlen und mit Gleichgesinnten über alltägliche Themen die die Pädophilie betreffen, zu sprechen. So eine Gruppe kann eine Ergänzung zu einer Therapie darstellen, oder auch für sich alleine stehen. Heutzutage werden solche Gruppen allerdings eher als dubios, potenziell kriminell und damit nicht als mögliche Alternative betrachtet. Aufgrund des hohen Stigmas ist es grundsätzlich schwierig eine solche Gruppe aufzubauen, weil sich pädophile Menschen in der Regel nicht trauen ihre realen Daten preiszugeben und sich somit dem Risiko auszusetzen, ungewollt geoutet zu werden und/oder Konsequenzen in Form von Ermittlungen gegen sie befürchten, sodass es so gut wie keine solcher Selbsthilfegruppen gibt.
Kein Abstempeln von pädophilen Menschen als „krank“ oder „gestört“
Pädophilie ist keine Krankheit. Was oder wen man anziehend findet, sagt nichts über die Denkweise, Handlungen, Ansichten oder Moralvorstellungen eines Menschen aus. Pädophile Menschen pauschal als „krank“ oder „gestört“ zu bezeichnen, ist daher ein weiterer Ausdruck des Stigmas gegen Pädophile. Diese Zuschreibungen sorgen außerdem dafür, uns das Mitspracherecht bei wichtigen gesellschaftlichen Fragen zu entziehen, denn wer als psychisch krank gilt, dessen Meinung hat weniger bis keinen Wert.
Es wird wie selbstverständlich über uns gesprochen, aber wir selbst werden so gut wie nie in diese Gesprächsrunden eingeladen. Wenn wir es ausnahmsweise werden, dann nur wenn unsere Aussagen hinterher durch einen Therapeuten „gefiltert“ werden. Im Prinzip heißt das, dass unsere Aussagen sehr einfach relativiert werden können, da die (private) Meinung eines Therapeuten, der nicht einmal mit uns gesprochen haben muss, automatisch mehr Gewicht erhält als die Aussagen tatsächlich Betroffener - schließlich sind wir in den Augen der Gesellschaft in jeder Diskussion an der wir beteiligt sind ausschließlich als Patient:innen und/oder (potenzielle) Täter:innen zu betrachten. Vorurteilsbeladene Zuschreibungen wie z.B, dass pädophile Menschen manipulativ oder intelligenzvermindert seien, schüren zusätzliche Ängste und werten unsere Aussagen ab.
All das verhindert eine faire Grundlage für Gespräche auf Augenhöhe. Wir wollen als Menschen anerkannt werden, vielleicht mit einer Besonderheit, aber nicht mit einer krankhaften Störung.