News vom 11.10.2022

Am 1. Juli 2021 sind umfassende Strafverschärfungen und -Erweiterungen im Bereich Kindesmissbrauch und Kinderpornographie in Kraft getreten. Als eine der zentralen Änderungen gilt seitdem der Besitz von Kinderpornographie grundsätzlich als Verbrechen. Dies bedeutet insbesondere, dass das Mindeststrafmaß jetzt bei einem Jahr Haft liegt. Gleichzeitig können Verfahren nicht mehr wegen Geringfügigkeit eingestellt werden.

Genau diese Verschärfungen hält der Münchener Amtsrichter Robert Grain für verfassungswidrig, und hat deswegen nun eine Normbeschwerde vor dem Verfassungsgericht eingereicht. Dies berichtete das Legal Tribune Online, das sich wiederum auf einen kostenpflichtigen Artikel der SZ bezieht. Anlass der Beschwerde ist ein Strafverfahren gegen eine Mutter, die das Nacktbild eines Kindes, welches ihrem Kind geschickt wurde, zur Warnung an weitere Eltern versandt hatte.

Aufgrund der Gesetzesverschärfung muss in solchen Fällen immer ermittelt werden, ein Einstellen der Verfahren ist nicht mehr möglich. Das betrifft zum Beispiel auch Fälle, in denen Eltern Nacktbilder ihrer Kinder auf dem Handy haben, in denen Menschen unfreiwillig strafbares Material zugeschickt wird und sie dies nicht schnell genug melden, oder auch Kinder und Jugendliche selber, die Nacktbilder von sich besitzen oder untereinander austauschen. Dies führt zu einer Mehrbelastung der Gerichte und der Staatsanwaltschaft, während gleichzeitig teilweise die Opfer sexueller Übergriffe selber kriminalisiert werden. Vor diesen Problemen hatten schon einige Experten in der Sachverständigenanhörung zu dem Gesetzesentwurf gewarnt, die allerdings von der damaligen Regierung weitestgehend ignoriert wurden.

Auch die Staatsanwälte selber sind daher mit den Änderungen zum Teil nicht glücklich, der Hamburger Oberstaatsanwalt Michael Abel äußert sich in der SZ etwa wie folgt:

Wir halten uns natürlich an das, was der Gesetzgeber verlangt, aber was wir hier machen müssen, das liegt den Kollegen auf der Seele - und mir auch.