Was sind MAPs?
MAP steht für minor-attracted person, was man in etwa mit „Personen, die sich zu Minderjährigen hingezogen fühlen“ übersetzen kann. MAPs sind also Menschen, die Minderjährige sexuell ansprechend finden und sich in sie verlieben können. Man kann den Begriff somit als Sammelbegriff für Pädophilie, Hebephilie, Nepiophilie und Ephebophilie verstehen, wobei in der Praxis damit vor allem Pädophile gemeint sind.
Der genaue Ursprung des Begriffs ist heute schwer zu rekonstruieren, erste Verwendungen lassen sich aber bereits um die Jahrtausendwende herum in Online-Foren für Pädophile rekonstruieren. Schon damals war es das Ziel, einen alternativen Begriff für Pädophilie zu finden, der weniger stigmatisiert ist und vor allem nicht fälschlicherweise immer wieder mit Kindesmissbrauch gleichgestellt wird. Popularisiert wurde der MAP-Begriff schließlich von der 2003 gegründeten US-Organisation B4U-Act, einem Zusammenschluss aus Wissenschaftler:innen, Therapeut:innen und MAPs. Laut eigener Aussage benutzt die Organisation seit 2007 die Formulierung minor-attracted person. Etwa seit den 2010er-Jahren ist der Begriff auch in der Wissenschaft angekommen und wird zunehmend von Akademiker:innen verwendet, die Menschen mit einer Sexualpräferenz für Minderjährige untersuchen und dabei eine respektvolle und nicht stigmatisierende Terminologie benutzen wollen.
Während Communitys von Pädophilen lange Zeit relativ isoliert und abgeschottet existierten, treten seit der Popularisierung von sozialen Medien Menschen, die sich als MAPs identifizieren, selbstbewusster in der digitalen Öffentlichkeit auf. Unter Hashtags wie #mappositivity
oder #mappride
versuchten MAPs auf Twitter (das heute X heißt) zum Beispiel, einander zu unterstützen und eine gemeinsame, positive Identität zu finden. Auf diese Art bildete sich die MAP-Bewegung. In den letzten Jahren sind MAPs allerdings zunehmend unter willkürlichen und fadenscheinigen Begründungen aus sozialen Netzwerken ausgeschlossen worden, sodass die MAP-Bewegung heute hauptsächlich auf selbst betriebenen Fediverse-Servern und eigenen Foren existiert. In dieser modernen MAP-Bewegung finden sich heute gleichermaßen Menschen, die sexuelle Handlungen mit Kindern strikt ablehnen als auch solche, die diese (unter gewissen Umständen) für annehmbar halten. Um sich untereinander abzugrenzen, haben sich innerhalb der MAP-Bewegung im Laufe der Jahre weitere Unterbergiffe entwickelt, wie zum Beispiel NOMAP (non-offending MAP) für MAPs, die betonen wollen, dass sie keine Straftaten begehen, und ACMAP (anti-contact MAP) für MAPs, die sexuelle Kontakte mit Kindern strikt ablehnen. Wenn im deutschsprachigen Raum von MAPs die Rede ist, dann ist damit meistens die MAP-Community gemeint.
MAP-Flagge
2018 entwarf Stenna, eine Bloggerin auf tumblr, eine Flagge für MAPs, die keine sexuellen Übergriffe begangen haben und sexuelle Handlungen mit Kindern ablehnen. Dies war zwar nicht der erste Versuch, eine Art Pride-Flagge für MAPs zu entwerfen, aber der Erste, der tatsächlich erfolgreich war und weitestgehend angenommen wurde. Dies dürfte auch daran gelegen haben, dass Stenna nach Veröffentlichung ihres Entwurfs massiven Belästigungen und Angriffen ausgesetzt war, und die Flagge daraufhin aus Protest von der MAP-Community erst recht übernommen und weiterverbreitet wurde.
Die Streifen sollten laut Stenna dabei folgende Bedeutung haben:
- Die oberen blauen Streifen stehen für MAPs, die sich zu Jungs hingezogen fühlen
- Die unteren pinken Streifen stehen für MAPs, die sich zu Mädchen hingezogen fühlen
- Die inneren gelben Streifen stehen allgemein für die Anziehung zu Minderjährigen, und repräsentieren außerdem Kindheit an sich
- Der weiße Streifen in der Mitte soll Unschuld und die feste Überzeugung, keine Übergriffe begehen zu wollen, symbolisieren.
Die MAP-Flagge wird bis heute von MAPs als Symbol der eigenen Identität verwendet. Gleichzeitig wurden zahlreiche Variationen und Alternativen entworfen, die bestimmte Aspekte der eigenen Identität betonen sollen. Bis heute ist die klassische MAP-Flagge aber die am meisten verwendete und die einzige, die auch außerhalb der MAP-Community Bekanntheit erlangt hat.
MAPs und LGBT
Die MAP-Bewegung verwendet also Elemente des Pride, um eine eigene, positive Identität zu formen und zum Ausdruck zu bringen. Darin lassen sich Parallelen zur LGBT-Community feststellen, auch da eine der zentralen Botschaften im Grunde die gleiche ist: sich nicht für die eigene Sexualität zu schämen, sondern stolz dazu zustehen und negativen Stereotypen widerspenstig die Stirn zu bieten. Auch die Benutzung von Flaggen als Ausdruck dieses Stolzes und zur Signalisierung der eigenen Identität ist innerhalb der LGBT-Community gängig. Trotz dieser Ähnlichkeiten gibt es allerdings keine direkten Verbindungen zwischen der MAP-Bewegung und der LGBT-Community. Die MAP-Bewegung ist kein Teil von LGBT.
Diese Verbindung wird häufig von queer- und transfeindlichen Akteuren unterstellt, deren Ziel es ist, der LGBT-Community damit zu schaden. Sie beabsichtigen damit, dass sich die Abscheu und Ablehnung, die Pädophilen und MAPs entgegengebracht wird, auf die LGBT-Community überträgt, wenn sie eine scheinbare Verbindung konstruieren. Die Stigmatisierung von MAPs und Pädophilen wird also gewissermaßen als Waffe eingesetzt, um damit ganz andere Minderheiten anzugreifen. Um sich gegen solche Angriffe zu wehren, hat sich die LGBT-Community wiederum oft und laut von der MAP-Bewegung distanziert, wobei sie sich leider häufig der gesellschaftlichen Hetze gegen MAPs anschließt und diese dabei selber reproduziert. Dies ist aus Sicht von MAPs besonders bitter, da die gleichen Vorurteile und Verunglimpfungen, gegen die sich die LGBT-Community vehement und zu Recht wehrt, somit regelmäßig von ihr selber gegen MAPs angebracht werden.
Chancen und Probleme
Auf Wir sind auch Menschen haben wir uns bewusst entschieden, nicht von MAPs, sondern von Pädophilie, Hebephilie, Ephebophilie und Nepiophilie zu reden. Wir halten diese Begriffe für präziser und sehen die Gefahr, dass das Reden von MAPs wichtige Differenzierungen verwischt. So ist es ein fundamentaler Unterschied, ob jemand sich von 5-jährigen oder 16-Jährigen angesprochen fühlt, vor allem in Deutschland, wo sexuelle Handlungen mit 16-Jährigen grundsätzlich legal sind. Beides würde aber undifferenziert unter den Begriff MAP fallen, da es ja in beiden Fällen um jemanden geht, der sich von Minderjährigen angezogen fühlt, also minor-attracted ist.
Auch teilen wir die Hoffnung nicht, dass die Verwendung neuer Begriffe es schaffen kann, dem Stigma zu entgehen, das dem Begriff Pädophilie anhaftet. Die Realität zeigt eher, dass gegen Pädophile bestehende Vorurteile und Stigmata auf MAPs übertragen werden, sobald verstanden wird, dass damit (auch) Pädophile gemeint sind. Das Stigma haftet nicht an einem bestimmten Begriff, sondern an der Tatsache, dass es Menschen gibt, die ein sexuelles Interesse an Kindern haben und muss an der Stelle auch bekämpft werden – nicht durch ein Ausweichen auf andere Begriffe, sondern durch ein Zurückerobern und Entstigmatisieren des Pädophilie-Begriffs an sich.
Dennoch sehen wir auch den Wert des MAP-Begriffs als identitätsstiftendes Element. Unter der MAP-Flagge hat sich eine diverse und selbstbewusste Bewegung versammelt, wie es unter dem Schlagwort Pädophilie wohl nicht möglich gewesen wäre.