Aktuelles

2021 fand eine Journalistengruppe von STRG_F und dem ARD-Magazin Panorama heraus, dass zahlreiche kinderpornografische Inhalte auf offen erreichbaren Datei-Hostern verfügbar waren, die von der Polizei bislang nicht aktiv verfolgt oder entfernt wurden. Innenministerin Nancy Faeser gelobte darauf Besserung und erzählte in den Folgejahren mehrmals, dass die Arbeitsweise beim BKA umgestellt worden sei und dort nun verstärkt proaktiv illegale Inhalte aus dem Netz gelöscht werden. In einer heute veröffentlichten Folgerecherche stellten die Journalisten jetzt fest, dass dies offenbar nicht der Wahrheit entspricht und sich die Situation in den vergangenen vier Jahren nicht wesentlich geändert hat. Nach wie vor existieren gewaltige Mengen von Missbrauchsabbildungen, die auf grundsätzlich legalen Plattformen gehostet sind und gegen die das BKA nach wie vor nichts unternimmt. Mehr noch, in einem geheim eingestuften Bericht sprachen sich die Innenminister:innen der Länder insgeheim sogar gegen konsequente Löschungen aus, da dafür angeblich das Personal fehle.

In einem über mehrere Monate hinweg geführten Experiment bewiesen die Journalisten zudem, dass mit vergleichsweise wenig Aufwand die kriminelle Szene im Darknet empfindlich gestört werden kann. So konnten sie erreichen, dass in dem Zeitraum mehrere Terrabyte an Daten aus dem Internet gelöscht wurden, die Verbreitung von neuem Material deutlich zurückgegangen ist und ein Forum für den Austausch von Missbrauchsabbildungen sogar komplett geschlossen wurde.

Erneut stellt sich hier die Frage, warum die Innenminister und die Strafverfolgungsbehörden sich vehement weigern, illegales Material aus dem Netz zu entfernen. Diese Frage stellt sich insbesondere auch vor dem Hintergrund der Gesetzesverschärfung, die Kindersexpuppen mit kindlichem Aussehen unter Strafe stellte. Diese wurde unter anderem damit begründet, dass Nutzer:innen dadurch zu weiteren Straftaten gegen reale Kinder animiert werden könnten. Gleichzeitig wird mit der Weigerung, illegale Inhalte konsequent zu löschen und damit deren ständige Verfügbarkeit in Kauf zu nehmen, ein sehr realer Anreiz zu Straftaten nicht aus der Welt geschaffen, obwohl dies technisch relativ einfach möglich wäre. Die Recherche der Journalisten zeigt, dass mit verhältnismäßig wenig Aufwand die Verbreitung illegaler Inhalte verhindert oder zumindest wesentlich erschwert werden kann. Das bedeutet einerseits eine deutliche Erleichterung für Betroffenen, die in den Bildern und Videos zu sehen sind. Gleichzeitig kann das Löschen auch präventiv verhindern, dass Menschen überhaupt erst zu Tätern werden, indem die Verfügbarkeit illegaler Inhalte gesenkt und damit Hürde für das Begehen von Straftaten in dem Bereich erhöht wird.

Aus dem Grund sprechen auch wir uns für eine klare Bekenntnis zur konsequenten Verfolgung von Missbrauchsabbildungen und für den Einsatz von Ressourcen für die dauerhafte Fortführung der Löscharbeit der Journalisten aus, damit den kriminellen Plattformen überhaupt erst keine Gelegenheit gegeben wird, sich zu „erholen“.

Hinweis: in der Berichterstattung zu dem Thema wird sehr oft von „Pädokriminalität“ gesprochen. Wir lehnen diesen Begriff ab, da er einen direkten Zusammenhang von Straftaten mit Pädophilie suggeriert, dadurch Unschuldige stigmatisiert und verschleiert, dass die meisten der sogenannten „pädokriminellen“ Taten nicht von Pädophilen begangen werden. Wir halten die Ergebnisse der Recherche dennoch für wichtig genug, um darüber zu berichten.


Vergangenen Dezember stellten einige Abgeordnete der AfD in Niedersachsen eine kleine Anfrage zu Wir sind auch Menschen an den Landtag. Seit gestern liegt die Antwort der Landesregierung vor, zu der wir kurz Stellung beziehen wollen.

Wir sind sehr erfreut darüber, dass die Landesregierung das Ziel von Wir sind auch Menschen erkannt hat und mit sachlichen Informationen über das Projekt als auch das Thema Pädophilie insgesamt antwortet. Die Abgeordneten der AfD hatten zuvor versucht, WsaM unter anderem als „Kinderschänder-Webseite“ zu diskreditieren. Hierzu stellt die Landesregierung richtig fest: „Die Internetseite ‚Wir sind auch Menschen‘ spricht sich ausdrücklich gegen strafrechtliche Handlungen wie sexuellen Kindesmissbrauch sowie solche im Kontext von Missbrauchsabbildungen aus.“ Ein wenig bedauerlich ist es lediglich, dass auf eine Stellungnahme unserer Forderung, Pädophilie in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz aufzunehmen, verzichtet wurde. Die Regierung beschränkt sich hier lediglich darauf, den Status quo darzustellen.

Die Antwort markiert eine vorläufige Zäsur in einer andauernden Hetzkampagne, die vor allem die niedersächsische AfD-Abgeordnete Vanessa Behrendt auf X derzeit führt. Ebenfalls vergangenen Monat hatte sie außerdem versucht, uns mit einer Strafanzeige einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen. Die Strafanzeige ist nach unseren Informationen vor kurzem von der Polizei eingestellt worden.


Bereits seit April 2023 plant die Charité Berlin in Kooperation mit dem Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerk (EJF gAG) die Einrichtung einer Wohngruppe für Jugendliche mit Intelligenzminderung und sexueller Ansprechbarkeit für Kinder. Zu Beginn sollen dafür acht Jugendliche im Alter von 12 bis 18 Jahren aus Berlin und Umgebung in ein über 100 km weit entferntes Dorf gebracht werden. Von Anfang an stieß die Idee auf Kritik und Widerstand, die im Dezember vergangenen Jahres in einer Petition mündete, die inzwischen von etwa 2500 Menschen unterzeichnet wurde. Von den Petenten, aber auch von der zuständigen Kreisbehörde werden unter anderem fehlende Sicherheitskonzepte, fehlende Kooperation mit Institutionen vor Ort und eine ungenügende Infrastruktur bemängelt, sowie fehlende Ressourcen im Krisenfällen, da insbesondere die Charité aufgrund der Entfernung keine kurzfristigen Interventionen leisten kann. Die Kritik wurde von der EJF gAG und der Charité bisher weitestgehend ignoriert. Erst letzten Freitag äußerte sich Prof. Klaus Beier auf wachsendem medialen Druck hin erstmals öffentlich zu dem Vorhaben. Als Antwort auf Beiers Verteidigung des Projekts möchten wir die Kritik in einer eigenen Stellungnahme aus Sicht pädophiler Menschen und Selbsthilfe-Anbieter ergänzen.

In der Selbsthilfearbeit stellen wir immer wieder fest, wie schwierig es für Menschen ist, Hilfe zu bekommen, die neben ihrer Pädophilie von Problemen wie Suchtkrankheiten, Depressionen, Erfahrungen von sexualisierter Gewalt oder auch Intelligenzminderung betroffen sind. Hilfsangebote für diese Probleme sind oft mit dem Thema Pädophilie überfordert, haben keine sachgerechten Kompetenzen und „lösen“ das Dilemma nicht selten durch Ausschluss der pädophilen Person aus dem Hilfsangebot. Die ohnehin schon rar gesäten Anlaufstellen für pädophile Menschen wiederum sind oft ungeeignet darin, diese Probleme zu bearbeiten. Und auch die Selbsthilfe kommt hier schnell an ihre Grenzen. Als Folge durchlaufen Betroffene häufig einen jahrelangen Spießrutenlauf von einer Anlaufstelle zur nächsten, ohne dass sie die Unterstützung finden, die sie tatsächlich benötigen. Aus dieser Perspektive ist der Aufbau einer spezialisierten Einrichtung, die sich um pädophile Jugendliche mit einer Intelligenzminderung kümmert und intensive zielgerichtete Betreuung gewährleistet, grundsätzlich zu begrüßen. Wichtig ist aber, dass so ein Projekt so aufgebaut wird, dass die Sicherheit und professionelle Betreuung der Teilnehmer:innen zu jeder Zeit gewährleistet wird, und gerade hier sehen wir eklatante Mängel.

Ein absolutes No-Go ist es aus unserer Sicht, dass der genaue Ort der Wohngruppe im Vorfeld bereits medial bekannt ist. Ähnlich wie auch die exakten Therapiestandorte der Kein Täter Werden Einrichtungen aus gutem Grund nicht öffentlich genannt werden, muss dies auch unbedingt für eine Wohngruppe gelten, in der mehrere pädophile Menschen untergebracht werden sollen. Alles andere bedeutet, die Jugendlichen einer nicht kalkulierbaren Gefahr für Leib und Leben auszusetzen, insbesondere in Zeiten des sich immer mehr verbreitenden Phänomens der oft auch gewaltbereiten sogenannten „Pädojäger“. Hier stellt sich auch die grundsätzliche Frage, ob so ein Projekt im ländlichen Umfeld, wo jeder jeden kennt und sich schnell verbreiten wird, wer die Jugendlichen in einer neuen Wohngruppe sind, überhaupt durchführbar ist. Besonders irritierend wirkt es hier, dass Prof. Beier die Sicherheitsfrage nur aus der Perspektive zu denken scheint, wie ortsansässige Kinder vor den Jugendlichen geschützt werden können, und laut Lokalpolitiker Henryk Wichmann (CDU) noch nicht einmal ein mit der Polizei abgestimmtes Sicherheitskonzept existiert. Es scheint hier kein Bewusstsein für die besondere Vulnerabilität der Jugendlichen gegenüber möglichen gewalttätigen Übergriffen zu bestehen, was ernsthafte Zweifel daran wecken lässt, dass die Betreiber die Sicherheit und Unversehrtheit der Jugendlichen, aber auch des angestellten Fachpersonals in ihrer Verantwortung hinreichend gewährleisten können.

Darüber hinaus haben wir die Sorge, dass auch innerhalb des Wohnprojekts die Sicherheit aller Bewohner nicht gewährleistet ist. Die jüngsten Bewohner der Gruppe sollen gerade einmal 12 Jahre alt sein und sind damit selber noch Kinder. Wenn das Risiko für Missbrauchshandlungen bei den Jugendlichen laut Beier „sehr hoch“ ist, stellt sich die Frage, ob insbesondere die jüngeren Bewohner der Wohngruppe ausreichend vor Übergriffen durch andere Bewohner geschützt sind. Die Jugendlichen sollen schließlich nach Beiers Darstellung aus ihren regulären sozialen Kontexten entfernt werden, gerade weil sie dort im Kontakt mit Kindern stehen, und werden dann doch wieder in eine Wohngruppe untergebracht, in der sie im ständigen Kontakt mit Kindern sein werden. Hier entsteht bei uns der Eindruck, es sollen potenzielle Opfer einfach durch andere (pädophile) potenzielle Opfer ersetzt werden, bei denen ein tatsächlicher Übergriff als weniger schlimm gesehen wird. Aber auch für potenzielle Übergriffe durch das betreuende Fachpersonal wird ein Schutzkonzept benötigt. Durch den Umgang mit einer Gruppe, die gesellschaftlich als vogelfrei zählt, kognitiv eingeschränkt, räumlich isoliert und gleichzeitig dem Fachpersonal völlig ausgeliefert ist, bietet das Projekt die idealen Voraussetzungen für Gewalt gegen die teilnehmenden Jugendlichen, denen durch strukturelle Maßnahmen Rechnung getragen werden muss.

Generell sind die propagierten Behandlungsmethoden problematisch. Sicherheitsbedenken bezüglich Übergriffen, die von den Jugendlichen ausgehen könnten, begegnet Beier mit dem Hinweis, dass notfalls auch GPS-Armbänder und Medikation zum Einsatz kommen würden. Von einer Freiwilligkeit dieser Behandlungsmethoden, oder auch der Unterbringungsmaßnahme als Ganzes, wird nicht geredet. Dabei handelt es sich um Methoden, die tief in die Persönlichkeitsrechte und Freiheit der Jugendlichen eingreifen und als Teil des regulären geplanten Therapieprogramms auch rechtlich zumindest fragwürdig sein dürften.

Fragwürdig ist ebenfalls, wie durch die Unterbringung in einer öffentlich bekannten Wohngruppe die gesellschaftliche Teilhabe der Jugendlichen erreicht werden soll. Als Ort des Experiments wurde scheinbar bewusst eines der am dünnsten besiedelten Gebiete in Deutschland gewählt, um die Chance, dass die Jugendlichen in Kontakt mit Kindern geraten, so gering wie möglich zu halten. Dies ist das Gegenteil von Integration und gesellschaftlicher Teilhabe. Die Jugendlichen werden so an den Rand der Gesellschaft gestellt, als Pädophile stigmatisiert und aus ihren regulären Sozialverhältnissen gerissen. Es wird daraus effektiv eine Form von Ghettoisierung, die an Siedlungen in den USA erinnert, in denen nur Sexualstraftäter wohnen, weil diese aufgrund massiver Einschränkungen oft nirgendwo anders leben dürfen. Es stellt sich weiterhin die Frage, wie dieses Leben auf die Zeit als erwachsenes Mitglied der Gesellschaft vorbereiten soll. Auch hier wischt Prof. Beier diese Bedenken lapidar zur Seite, was nicht unbedingt Vertrauen dafür weckt, dass er sie ernst nimmt oder als großes Problem sieht. Ein „gesellschaftlicher Dialog“ soll eröffnet werden, um den Menschen zu zeigen, dass Ausgrenzung nicht sinnvoll ist, erzählt Beier, der aus Zeitgründen bisher die Teilnahme an allen Bürgerdialogen vor Ort abgesagt hat. Wie dieser Dialog aussehen soll und wie er verhindern soll, dass der durchschnittliche Dorfbewohner den Jugendlichen mit tiefem Misstrauen begegnet, nachdem Beier selber die Jugendlichen kurz darauf als „sehr hohes“ Risiko bezeichnet, bleibt unklar. Wenn die Jugendlichen erst einmal als pädophil gebrandmarkt sind und sie womöglich auch online an den Pranger gestellt werden, hat dies Auswirkungen auch über die Unterbringung in der WG hinweg potenziell auf deren ganzes Leben, und wird einer Eingliederung in der Gesellschaft fundamental im Wege stehen. Dabei ist es darüber hinaus auch grundsätzlich fragwürdig, ob man etwa bei zwölfjährigen Kindern als Außenstehender überhaupt schon gesichert von einer Pädophilie bzw. „Präferenzbesonderheit für das kindliche Körperschema“ sprechen kann.

Zusätzlich zu den Bedenken, die sich für das Projekt direkt ergeben, haben wir auch Sorgen, was für Auswirkungen die Darstellung des Projekts auf die Stigmatisierung und Marginalisierung pädophiler Menschen hat. Wir halten den Ansatz, pädophile Menschen durch Ausgrenzung, Medikation und eine Art elektronischer Fußfessel zu „kontrollieren“ für fundamental falsch. Es ist schwierig, wenn das als valide Umgangsform mit pädophilen Menschen etabliert wird, und damit Stimmen, welche dies als Zwangsbehandlung für alle Pädophile fordern, eine scheinbare argumentative Grundlage gegeben wird.

Zusammenfassend halten wir den Ansatz, Wohngruppen speziell für pädophile Menschen mit besonderen Herausforderungen aufzubauen, für grundsätzlich nicht verkehrt. Das Projekt der Charité und der EJF erfüllt aber aus unserer Sicht grundlegende und wichtige Kriterien nicht. Ein Projekt dieser Art muss die menschenwürdige Behandlung der teilnehmenden Personen garantieren können, und darf sie nicht nur als „Problem, das in der Gesellschaft ist“ verstehen. Dazu gehört auch ein ausgearbeitetes Schutzkonzept, das die körperliche und geistige Unversehrtheit garantiert, Konzepte zur gesellschaftlichen Integration und Teilhabe, und ein Therapiekonzept, das nicht nur allein auf Prävention und Verhaltenskontrolle unter teils fragwürdigen Methoden basiert.


Im Jahre 2019 stellte sich der damals weitestgehend unbekannte britische Journalist Andrew Gold der deutschen Pädophilenszene auf der Suche nach Interviewpartnern vor. Im Laufe der Jahre veröffentlichte er eine Podcastfolge, ein Buchkapitel und ein kurzes Video zu dem Thema, die allesamt boulevardeske Darstellungen, suggestive Schnitte und diverse Falschaussagen enthalten. Zu den Pädophilen, mit denen sich Gold getroffen hat, zählten auch WsaM-Mitglieder Ruby und Sirius. In einem offenen Brief auf Kinder im Herzen gehen sie jetzt auf Golds Falschdarstellungen ein und stellen diese richtig.

Im Angesicht der massiven Vertrauensbrüche, der stigmatisierenden Darstellungen über Pädophile und der allgemein unjournalistischen Arbeitsweise wollen wir hiermit jedem von einer Zusammenarbeit mit Andrew Gold eindrücklich abraten.


Anlässlich zweier Verfassungsbeschwerden gegen das Verbot von Sexpuppen mit kindlichem Aussehen (2 BvR 1096/22 und 2 BvR 1097/22) verfasste Fachanwältin Dr. Jenny Lederer einen wissenschaftlichen Aufsatz in der Zeitschrift „StV -Strafverteidiger“. Der Aufsatz kritisiert das Verbot scharf. Dr. Lederer sieht darin ein Beispiel für eine „geradezu irrationale und nicht-evidenzbasierte“ Kriminalpolitik, die sämtliche wissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert. Während das Verbot auf Argumenten wie einer vermeintlichen Senkung der Hemmschwelle für realen Missbrauch basiert, für die es keine Evidenz gibt, werden gleichzeitig wissenschaftliche Ergebnisse ignoriert, die darauf hindeuten, dass Puppen sogar missbrauchspräventive Wirkung haben können.

Der besondere Unwille des Gesetzgebers, sich mit wissenschaftlichen Evidenzen auseinanderzusetzen, zeige sich auch daran, dass die fast einstimmige Kritik der Sachverständigen an dem Verbot und eine Arbeit des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages ignoriert wurde. Gleichzeitig wurden keine Bemühungen umgesetzt, um die Wirkung des Gesetzes zu evaluieren.

Weiterhin kritisiert Dr. Lederer, dass mit dem Verbot nicht mehr schädliches Verhalten, sondern vor allem Fantasien verboten werden sollen, die als „unsittlich“ gelten:

Das als „pervers“ und „widerlich“ Ausgemachte und Stigmatisierte wird nun kriminalisiert. Und zwar sehenden Auges, dass es keine abschließenden empirischen Erkenntnisse zu der Auswirkung der Verwendung solcher Objekte im Zusammenhang mit tatsächlichen Missbrauchshandlungen an Kindern gibt. Maßgeblich ist „der Eindruck, dass zumindest das Risiko besteht“

Insgesamt kommt Dr. Lederer zu dem Schluss, dass die Strafvorschrift „menschenverachtend“ ist und „nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben und dem Anspruch eines Gesetzgebers“ entspricht.

Eine Kurzzusammenfassung des Beitrags kann bei LTO abgerufen werden.


Eine Ergänzung zu unserer letzten Meldung zum Angriff der AfD-Abgeordneten Vanessa Behrendt: fast hätten wir übersehen, dass Behrendt wenige Tage nach ihrer haltlosen Strafanzeige gemeinsam mit ihrem Kollegen Stephan Bothe und ihrer Kollegin Delia Klages aus der AfD eine Kleine Anfrage an den niedersächsischen Landtag zu Wir sind auch Menschen gestellt hat. Kleine Anfragen sind ein demokratisches Werkzeug, das der Opposition eines Parlaments zur Verfügung steht, um Informationen von der Regierung einzufordern und damit deren Tätigkeit zu kontrollieren. Die AfD setzt dieses Werkzeug besonders häufig mit großem Erfolg ein, um die Regierungen der Länder und des Bundes zu stören und Wahlkampfmaterial zu generieren.

In insgesamt fünf Fragen fordern die Abgeordneten eine Stellungnahme der Landesregierung zu den Forderungen unserer Webseite und anderer, die „Beobachter als Pädophilie verharmlosend“ einschätzen (was damit gemeint sein soll, wird wie so oft nicht erklärt). Außerdem wird die Haltung der Landesregierung zu Fiktivpornografie und kindlichen Sexpuppen abgefragt.

Fälschlicherweise wird dabei behauptet, wir würden sagen, dass „Pädophile regelmäßig Kontakt zu Kindern pflegen sollten“. Das stimmt so nicht. In dem Artikel zu dem Thema wehren wir uns gegen die Ansicht, dass es sich dabei grundsätzlich immer um eine zu vermeidende Gefahr handelt, weisen auf Forschungsergebnisse hin, die ein komplexeres Bild zeichnen und kommen zu dem Schluss, dass sich die Frage nach Kinderkontakt also „nicht pauschal beantworten“ lässt. Davon abgesehen ist die inhaltliche Darstellung von WsaM weitestgehend korrekt.

Wir sind jedenfalls sehr gespannt auf die Antworten der niedersächsischen Regierung und sind bereit, auch kritische Fragen zu beantworten. Laut Gemeinsamer Geschäftsordnung der Landesregierung soll eine Anfrage innerhalb eines Monats beantwortet werden, mit einer Antwort ist daher spätestens im Januar zu rechnen.


Bereits im November ist Vanessa Behrendt, Abgeordnete der AfD-Fraktion im niedersächsischen Landtag, auf Wir sind auch Menschen gestoßen. In einem Beitrag auf der zunehmend von Rechtspopulisten dominierten Plattform X sprach sie Pädophilen grundsätzlich ab, stigmatisiert zu werden, und machte deutlich, dass für sie und die AfD pädophile Menschen keinen Platz in der Gesellschaft haben.

Vor wenigen Tagen ging sie noch einen Schritt weiter, verkündigte ebenfalls auf X, Strafanzeige gegen uns erstellt zu haben und diffamierte WsaM als „Kinderschänder-Seite“. Der Vorwurf lautet, dass wir Menschen zu Straftaten aufrufen würden. Dies begründet sie damit, dass wir uns für die Legalisierung von Fiktivpornografie und Sexpuppen aussprechen. Da ihrer Meinung nach diese Ersatzmaterialien zwingend zu realem Missbrauch führen würden, müsse die Kritik an der Kriminalisierung „indirekt zur Verleitung von Straftaten“ führen.

Diese Argumentation ist offensichtlich äußerst dünn. Abgesehen davon, dass ein solcher Zusammenhang bis heute nicht bewiesen werden konnte, so ist die Kritik eines Gesetzes gegen kindliche Sexpuppen offenbar nicht gleichbedeutend mit einem Aufruf zu Kindesmissbrauch. Die Anzeige ist daher wohl nur ein Versuch der öffentlichkeitswirksamen Profilierung damit, etwas „gegen Pädophile“ getan zu haben.

Das Thema Pädophilie ist im Feed von Behrendt allgemein stark präsent. Meistens instrumentalisiert sie das Thema, um gegen Transsexuelle, queere Menschen, die LGBT-Szene und allgemein Menschen, die einer scheinbaren „Normalität“ nicht entsprechen zu hetzen. Einer dieser Beiträge hat es sogar in ein Rechtsgutachten zu einem möglichen AfD-Parteiverbot geschafft, in dem es dazu heißt: „In ihren Aussagen wird deutlich, dass sie nur Menschen, die ihrem heteronormativen Ideal entsprechen, Menschenwürde, soziale Achtung und gesellschaftliche Teilhabe zuerkennt.“ In diesen Zusammenhang ist auch die Anzeige zu verstehen: als Versuch der Einschüchterung, um unsere Grundrechte auf Redefreiheit einzuschränken und unsere Existenz im gesellschaftlichen Diskurs auszulöschen.


Vor zwei Wochen veröffentlichte Uwe Kaminsky, Historiker an der Charité Berlin, eine Studie über den Einfluss von Gerold Becker, Hartmut von Hentig und Helmut Kentler auf den Deutschen Evangelischen Kirchentag. Gerold Becker war langjähriger Schulleiter der Odenwaldschule und gilt als einer der Haupttäter im Missbrauchsskandal um die Schule, ihm wird der Missbrauch von 86 Jungen im Alter von 12 bis 15 Jahren vorgeworfen. Helmut Kentler wiederum war einer der einflussreichsten Vertreter der Pro-Contact-Ideologie, der im Rahmen eines „Experimentes“ mit staatlicher Unterstützung hilfsbedürftige Jugendliche an verurteilte Sexualstraftäter vermittelte.

Beide waren eng mit der evangelischen Kirche und dem Kirchentag verbunden, Becker war sogar Mitglied im Präsidium des Kirchentags. Insgesamt kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass keine Missbrauchstaten im Rahmen des Kirchentages nachweisbar sind, und weder Kentler noch Becker Pro-Contact-Ansichten auf Veranstaltungen, die sie dort hielten, verbreitet haben. Den Veranstaltern des Kirchentages wird dennoch vorgeworfen, sich nicht früh und energisch genug distanziert zu haben, insbesondere dann nicht, als die Missbrauchsvorwürfe gegen Becker bekannt wurden.

Die Aufarbeitung von Missbrauch und der Propagierung missbrauchsverharmlosender Aussagen begrüßen wir grundsätzlich, kritisieren aber scharf die Art, wie diese Aufarbeitung stattfindet. Die Studie von Kaminsky trägt den Titel „Pädophilie im Fokus“ und reduziert die vielschichtigen und komplexen Zusammenhänge damit auf die pauschale Dämonisierung von Pädophilie. Dabei geht es weder bei Kentler noch bei Becker überhaupt um Pädophilie, was Kaminsky im Vorwort selber schon feststellt und den Begriff umdefiniert, um ihn passend zu machen:

Der Begriff Pädophilie findet nachfolgend nicht in einem systematisierenden Sinn im Rahmen der Sexualforschung Verwendung. […] Nachfolgend dient der Begriff vielmehr dazu, eine Sexualpräferenz zu bezeichnen, die sich auf Minderjährige bezieht, die die historisch sich verändernde Schutzaltersgrenze (bei Jungen 18 Jahre, bei Mädchen 14 Jahre) im Strafrecht unterschritten.

Durch solche bewussten Falschverwendungen des Begriffs wird das Thema weiter verwässert, ein präziser Umgang erschwert und pauschal gegen Pädophile diskriminiert – auch solche, die keinen Missbrauch begehen und mit den Ansichten Kentlers nichts anfangen könne, von denen schon rein statistisch sich auch einige im Rahmen des Kirchentages unerkannt engagieren.


In diesem Monat veröffentlichte die US-basierte Organisation B4U-Act ihr Quartalsreview für den Herbst 2024. Dort werden kürzlich publizierte Forschungsarbeiten vorgestellt und von einem Team aus Wissenschaftler:innen, die sich mit Pädophilie und verwandten Themen beschäftigen, kritisch gewürdigt.

In der diesjährigen Herbstausgabe haben sich die Reviewer des Journals fünf Arbeiten angeschaut, die im April bis August dieses Jahres veröffentlicht wurden. Dazu gehörte auch die allererste Studie, die das romantische Empfinden pädophiler Menschen genauer untersucht hat. Dabei wurde deutlich, dass der romantische Aspekt für die meisten der befragten Männer mindestens genauso wichtig war, wie der sexuelle. Ebenso zeigt sich in den thematischen Analysen der Antworten, dass sich das romantische Empfinden pädophiler Menschen im Kern nicht wesentlich von dem teleiophiler Menschen unterscheidet. Dies ist ein weiteres Argument dafür, dass Pädophilie im Grunde als eine sexuelle Orientierung analog zum Beispiel zur Hetero- und Homosexualität betrachtet werden kann.

In einer der Arbeiten untersuchte Rachel Murphy suizidale Tendenzen pädophiler Menschen durch eine Analyse von über 500 Forenbeiträgen im Selbsthilfeforum VirPed. Sie stellte fest, dass vor allem das Stigma, negative Coming-out-Erfahrungen und Zwangsoutings Risikofaktoren für suizidale Tendenzen sind. Nicht selten wurde das Stigma internalisiert und die Betroffenen hatten selber das Gefühl, aufgrund ihrer Sexualität es nicht wert zu sein, zu leben. Schutzfaktoren dagegen waren vor allem positive Coming-outs, Erfahrungen von Akzeptanz und Unterstützung, und Peer-Support. Therapeutische Hilfe war für Betroffene oft schwer zu bekommen und teils sogar eher schädlich, wenn der Therapeut oder die Therapeutin unempathisch oder negativ auf die Pädophilie der Hilfesuchenden reagiert haben.

Ein eher düsteres Bild von Therapien zeichnen auch die restlichen der reviewten Arbeiten. Chronos et al. fanden in einer großen Metastudie heraus, dass viele pädo- und hebephile Menschen in Therapien negative Erfahrungen machen, mit ethisch fragwürdigen Aversionstherapien behandelt und verurteilt oder nicht verstanden werden. Nur wenige finden die Hilfe, die sie suchen, was meist ein Umgang mit Ängsten und Depressionen und dem gesellschaftlichen Stigma ist. Nematy et al. wiederum führten Interviews mit zehn Therapeut:innen, die mit pädophilen Menschen arbeiten, und fanden dort viele stigmatisierende, widersprüchliche und teils auch gefährliche Ansichten vor. Obwohl die meisten der Therapeut:innen zustimmten, dass Pädophilie nicht änderbar sei, versuchten dennoch einige sexuelle Gedanken auf Erwachsene umzulenken oder zu unterdrücken, was erwiesenermaßen zu Scham- und Schuldgefühlen führen kann und psychisch schädlich ist. Haltungen zu Ersatzmaterialien wie Kindersexpuppen waren gemischt, wobei Ablehnungen größtenteils mit „Slippery Slope“-Argumenten begründet wurden, die sich wissenschaftlich nicht halten lassen. Christophersen und Brotto schließlich untersuchten in einer Metastudie, ob sich über Aufklärung und Intervention die Haltungen von Therapeut:innen zu pädophilen Menschen beeinflussen lassen. Im Ergebnis fanden sie heraus, dass sich Vorurteile und stigmatisierende Haltungen zwar durchaus abbauen ließen, die Bereitschaft, mit pädophilen Menschen tatsächlich zu arbeiten aber nur unwesentlich beeinflusst wurde.

Die Reviewer von B4U-Act lobten die grundsätzlich gute Qualität dieser Arbeiten. An vielen Stellen wurde darauf geachtet, zwischen Pädophilie und Missbrauch zu unterscheiden und eine wertschätzende Sprache zu verwenden, die nicht stigmatisierend ist. Gleichzeitig kritisierten sie an mehreren Arbeiten, dass teils durch den Sprachgebrauch Pädophilie und Missbrauch wieder miteinander vermischt wird, etwa wenn von „pädophilen Risikofaktoren“ die Rede ist. Die meisten Studien nennen außerdem die Missbrauchsprävention als wesentliche Motivation für ihre Forschung, auch, wenn es darum eigentlich überhaupt nicht geht, wie etwa in der Forschungsarbeit zur Suizidalität pädophiler Menschen. Dadurch würden stigmatisierende Vorurteile aufrechterhalten, dass Pädophile grundsätzlich gefährlich seien und am Ende Missbrauch und Pädophilie wieder miteinander vermischt.

Die gesamte Ausgabe ist auf Englisch hier verfügbar: https://www.b4uact.org/b4qr/vol4/autumn2024/.


Im Zusammenhang mit der Hasswelle, von der wir in einer früheren News berichtet haben, hat auch der selbsternannte „Pädojäger“ Marvin Ojaghi (Team 404) mehere Videos über uns auf TikTok veröffentlicht, in denen er bewusst Aussagen von uns aus dem Kontext gerissen und zum Teil schlichtweg Lügen über uns verbreitet hat. Auf einige davon ist Sirius in einem eigenen Video auf TikTok eingegangen. Wir halten es für wichtig, eine Gegenperspektive zu der der „Pädojäger“ aufzuzeigen und offenzulegen, mit welchen Methoden diese versuchen, die öffentliche Stimmung gegen Pädophile anzuheizen und ihre eigenen teils kriminellen Handlungen zu verteidigen.