Offener Brief an die Abgeordneten des Landtags Niedersachsen

Den folgenden Text haben wir den 13 Abgeordneten der demokratischen Parteien im Ausschuss für Inneres und Sport des Landtags Niedersachsen zugesandt. Zu den Hintergründen siehe unsere News vom 15.12.2024, 23.12.2024, 28.01.2025 und 27.02.2025.

Sehr geehrte Damen und Herren der demokratischen Parteien,

vor kurzem wurde im Landtag ein Antrag der Fraktion der AfD mit dem Titel „Den Kampf gegen Kinderpornografie intensivieren und noch entschlossener durchführen!“ debattiert. Dieser Antrag enthält eine Reihe von Diffamierungen, Falschaussagen sowie problematische Aussagen gegen die von uns betriebene Internetseite „Wir sind auch Menschen“, zu der wir gerne Stellung beziehen möchten.

In dem Antrag wird behauptet, dass wir „eine Aufhebung oder Senkung der Schutzaltersgrenzen“ anstreben würden, wie dies in der Vergangenheit verschiedene Organisationen und Gruppen gefordert hatten. Das stimmt nicht. Wir distanzieren uns ausdrücklich gegen diese Ziele und gegen Aktivisten, die dies noch heute versuchen zu erreichen – wie etwa auch die Person des Dieter Gieseking, der im Laufe der Parlamentsdebatte ebenfalls erwähnt wurde. Es existiert keine inhaltliche, personelle oder organisatorische Kontinuität zwischen diesen Gruppierungen und uns.

Unser Ziel ist die Aufklärung über das Thema Pädophilie und deren Entstigmatisierung. Dabei ist unsere grundlegende Haltung, die auch von der Wissenschaft gestützt ist, dass Pädophilie eine sexuelle Präferenz ist, die man sich nicht aussucht und die nicht änderbar ist, und nichts über den Charakter und die Moralität eines Menschen aussagt. Hier beweist die AfD ihre menschenfeindliche Einstellung, wenn sie etwa von Pädophilen pauschal als Menschen redet, „die Kinder nicht schützen, sondern schaden“. Damit wird uns quasi von Geburt aus jegliche Möglichkeit abgesprochen, überhaupt moralisch handeln zu können und eine grundsätzliche Affinität zu Kriminalität unterstellt. Diese Haltung mündet darin, dass die AfD alle Parteien gemeinsam dazu aufruft, gegen Pädophile zu kämpfen. Das Ziel ist also nichts weniger als die Auslöschung pädophiler Menschen zumindest aus dem öffentlichen Diskurs, und damit die Verwehrung fundamentaler Rechte wie der Meinungsfreiheit.

Gleichzeitig instrumentalisiert die AfD diesen Themenkomplex, um ihre politischen Gegner zu diskreditieren. So wurde die im Grunde sachliche und differenzierte Antwort der Landesregierung auf die kleine Anfrage der AfD vom 18.12.2024 von der Fraktion genutzt, um der Landesregierung zu unterstellen, von einer „Pädo-Lobby“ beeinflusst zu sein und damit ihre Legitimität infrage zu stellen. Dabei handelt es sich um ein perfides Spiel auf dem Rücken einer Minderheit, indem jede sachliche Auseinandersetzung, die nicht pauschal Menschen dämonisiert und als zu bekämpfende Abscheulichkeiten ausgrenzt, als Beweis für die vermeintliche Verkommenheit der Regierung und ihrer politischen Parteien interpretiert und diese verzerrte Darstellung öffentlichkeitswirksam verbreitet wird.

Im Angesicht dieser politischen Strategie mag es verführerisch erscheinen, sich der ablehnenden Haltung der AfD gegenüber Pädophilen anzuschließen, um damit ihre Vorwürfe vermeintlich zu entkräften. Enttäuscht waren wir zum Beispiel von den Aussagen von Innenministerin Daniela Behrens in der Parlamentsdebatte, dass die Regierung Pädophile „ausdrücklich“ nicht schützen würde. Im Voraus der Debatte stand eine monatelange Hetzkampagne der AfD auf X gegen Pädophile im Allgemeinen und unsere Webseite im Spezifischen, bei der diese unter anderem als „Kinderschänderseite“ beleidigt wurde. Die Privatanschrift einer Person, die Anzeige gegen diese Hetzbotschaften eingereicht hatte, wurde von einer AfD-Abgeordneten auf X für ihre in Teilen rechtsextremen Follower veröffentlicht. Die AfD versucht offenbar, uns einzuschüchtern und mit Gewalt zum Schweigen zu bringen.

Der Schutz vor menschenverachtenden Angriffen dieser Partei sollte allen demokratischen Kräften ein Anliegen sein, auch dann bzw. gerade dann, wenn es um Minderheiten geht, die gesellschaftlich als vogelfrei gelten. Wir möchten daher an Sie appellieren, sich weiterhin für Grund- und Menschenrechte einzusetzen, das menschenverachtende Spiel der AfD nicht mitzuspielen und das Thema Pädophilie weiterhin sachlich und human zu bearbeiten.

Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Die Betreiber:innen von wir-sind-auch-menschen.de