News vom 26.10.2025

Vom 22. bis 24. Oktober kamen 14 der Ministerpräsidenten der Bundesländer zur Ministerpräsidentenkonferenz in Mainz zusammen. Zu den getroffenen Beschlüssen gehörte auch ein Sicherheitspaket für Deutschland. Unter Punkt 7 heißt es dort:

Die Ankündigungen der Bundesregierung zur Verschärfung des Strafrechts ist ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung von schwerer Kriminalität. Neben einer deutlichen Erhöhung präventiver Maßnahmen zur Verhinderung von Straftaten, insbesondere durch pädophile Straftäter, muss insbesondere der dauerhafte Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Sexualstraftaten durch Vereinheitlichung und Zusammenführung aller verfügbaren Daten wirkungsvoll gesteigert werden. Die Aufnahme- und Tilgungsfristen für die Dokumentation von Straftaten mit pädophilem und sexuellem Hintergrund in einfachen und erweiterten Führungszeugnissen müssen verlängert werden. Für verurteilte Sexualstraftäter sollen Betretungsverbote beispielsweise für Schwimmbäder und andere Orte, die ihnen Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten geben, geprüft werden. Für ausländische Sexualstraftäter hat die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe zu einer Regelausweisung zu führen.

Hierzu stellen wir Folgendes fest:

  1. Im Bereich Kindesmissbrauch haben inzwischen zahlreiche Studien festgestellt, dass die meisten Täter nicht pädophil sind (siehe u. a. Beier 1998, Knauer 2021, Seto et. al. 2015). Sexualdelikte werden in der Regel nicht zur sexuellen Befriedigung begangen, sondern zum Beispiel, um Gewalt und Macht über das Opfer zu erfahren. In dem Zusammenhang ist der Fokus auf „pädophile Straftäter“ und „Straftaten mit pädophilem und sexuellem Hintergrund“ als problematisch für den Kinderschutz zu bewerten, da es von denjenigen ablenkt, die eigentlich die Mehrheit der Taten begehen und falsche Annahmen über die Motivation von Sexualstraftäter stärkt und verbreitet. Zu verurteilen sind sämtliche Sexualstraftaten gegen Kinder und Jugendliche, unabhängig von der Motivation oder sexuellen Präferenz des Täters.
  2. Gleichzeitig trägt die Verknüpfung und Gleichsetzung von Sexualstraftaten mit Pädophilie weiter zur Stigmatisierung und Diskriminierung pädophiler Menschen bei, die sich derartiger Straftaten nicht schuldig gemacht haben.
  3. Ebenso am Kern der Problematik vorbei geht der Vorschlag, vorbestrafte Sexualstraftäter aus Bereichen wie Schwimmbädern auszuschließen, um ihnen keinen „Anreiz zu weiteren Straftaten“ zu geben. Auch hier scheint der Gedanke dahinterzustehen, dass sexueller Missbrauch passiert, wenn Menschen mit einer sexuellen Ansprechbarkeit auf Kinder auf entsprechende „Reize“ (Kinder in Badekleidung) treffen und sich nicht mehr kontrollieren können. Tatsächlich findet Missbrauch in den meisten Fällen zu Hause statt, die Täter sind überwiegend Menschen aus der Kernfamilie des Kindes. Darüber hinaus widerspricht der Vorschlag dem Resozialisationsgedanken.
  4. Härtere Strafen schrecken nicht ab. In den letzten 20 Jahren ist das Sexualstrafrecht, gerade auch im Bereich Kindesmissbrauch und Kinderpornografie, mehrfach massiv verschärft worden. Die Anzahl der Taten ist dadurch jedoch nicht gesunken, sondern im Gegenteil sogar gestiegen.

Zusammenfassend handelt es sich bei dem Beschluss um die Befürwortung populistischer Maßnahmen, die nicht nur stigmatisierend gegenüber Pädophilen sind, sondern auch die Prävention von Kindesmissbrauch erschweren, indem Mythen und falsche Vorstellungen über Kindesmissbrauch verbreitet werden. Sinnvollere Maßnahmen gegen Kindesmissbrauch umfassen zum Beispiel Prävention- und Interventionsmaßnahmen (unabhängig von der sexuellen Präferenz der potenziellen Täter), Einführung von Schutzkonzepten in Institutionen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, das Aufbrechen missbrauchsbegünstigender Strukturen und Investitionen in Kinder- und Jugendhilfe.