News vom 24.03.2025

Am Freitagvormittag fanden in Österreich landesweite Razzien gegen eine Gruppe von 15 teils jugendlichen Männern und Frauen statt, die Teil der sich immer weiter ausbreitenden sogenannten „Pädojäger“-Szene waren. Ihnen werden körperliche Übergriffe, Raub und sogar ein versuchter Mord vorgeworfen, mit derzeit 17 bekannten Opfern. Die Beschuldigten rechtfertigten ihre Taten damit, dass sie Pädophile jagen und bestrafen wollten. Dafür legten sie Fake-Profile auf Dating-Plattformen an, wo sie mit ihren Opfern erst chatteten und sie dann zu einem Treffen an einem abgelegenen Ort lockten. Statt des erwarteten Partners überfielen sie dort mehrere maskierten Personen, die brutale und mit jedem Fall eskalierende Gewalt an den Opfern vornahmen. Während der Razzia wurden neben Waffen und Drogen auch NS-Symbole gefunden, zudem gibt es Verbindungen von den Beschuldigten in die rechtsextreme Szene.

Der Fall ist das jüngste Beispiel eines internationalen Trends, der auch im deutschsprachigen Raum immer mehr Fuß fasst. Immer wieder ist es in den letzten Jahren zu Gewaltexzessen durch selbsternannte „Pädojäger“ gekommen. Erst vergangenen Oktober wurde eine in der Schweiz von der Polizei zerschlagen, die sich die rechtsextreme russische „Pädojäger“-Gruppe Occupy Pedophilia zum Vorbild genommen hatte und ebenfalls aus sehr jungen Mitgliedern bestand. In der Bevölkerung finden die Verbrechen solcher Gruppen oft breite Zustimmung. Die Gewaltverbrechen in Österreich lösten dagegen untypischerweise starke Empörung aus. Der Grund dafür dürfte sein, dass es sich bei den Opfern ausschließlich um Homosexuelle gehandelt hat, den Täter:innen ging es wohl vor allem darum, Homosexuelle einzuschüchtern, wobei sie nur als scheinbare Rechtfertigung vorgaben, „Pädophile“ zu jagen. Die Polizei bezeichnet die Fälle daher als Hassverbrechen aufgrund der sexuellen Orientierung.

In der Medienberichterstattung, aber auch von der Polizei selber, wurde mehrfach mit Nachdruck betont, dass die Opfer dieser Gewaltverbrechen nicht pädophil gewesen seien. Die meisten Medien, die über den Fall berichtet haben, betonten diesen Aspekt ebenso mit Nachdruck. Auch Mario Lindner, Gleichbehandlungssprecher der SPÖ, verurteilte scharf, dass die Täter:innen „ihren Opfern Pädophilie“ unterstellt hätten. Dies hinterlässt einen faden Beigeschmack, insbesondere im Hinblick auf von „Pädojägern“ begangene Gewalttaten aus der Vergangenheit, die nicht annähernd auf so viel Protest stießen und von Medien den Täter:innen sogar teils noch eine Bühne gegeben wurde. Wären die Gewalttaten weniger schlimm oder gar akzeptabel gewesen, hätten die Täter:innen tatsächlich Pädophile zum Ziel gehabt?

Die inzwischen zahlreichen Verbrechen von selbsternannten Pädojägern sind in jedem Fall zu verurteilen, nicht nur dann, wenn es gesellschaftlich akzeptierte sexuelle Minderheiten trifft. Taten wie jene in Österreich sind mit das Ergebnis einer medialen Berichterstattung, die seit Jahren diesen „Jägern“ eine Bühne bietet, sie damit legitimiert und ihr fragwürdiges Verständnis von Rechtsstaatlichkeit zur Verbreitung verhilft. Schon alleine die selbstgewählte Bezeichnung als „Pädojäger“ und die damit verbundene Darstellung, dass Pädophile wie wilde Tiere gejagt gehören, ist zutiefst menschenverachtend, wird aber selten kritisch hinterfragt und erlangt dadurch an sozialer Akzeptanz. Es ist daher auch nicht überraschend, dass gewaltbereite kriminelle Banden darauf aufbauend versuchen, ihre Gewalt zu rechtfertigen, indem sie ihre Opfer als Pädophile bezeichnen.

Die mediale Glorifizierung und Legitimierung von „Pädojägern“ muss endlich konsequent ein Ende finden, ansonsten sind weitere Gewalttaten durch solche sich als „Pädojäger“ inszenierenden Lynchjustiz-Gruppen vorprogrammiert.