News vom 12.09.2023

Am vergangenen Donnerstag erschien bei Deutschlandfunk in der Reihe Systemfragen eine Folge zu der Frage, ob die Entstigmatisierung von Pädophilie zur Prävention von Straftaten beitragen kann. Auch wenn der Beitrag einige positive und wichtige Aspekte enthält, hinterlässt er dennoch einen faden Beigeschmack.

Positiv hervorzuheben ist, dass die wichtige Unterscheidung zwischen Pädophilie und Missbrauch gezogen wird, Pädophilie nicht grundsätzlich als Störung bezeichnet und die Existenz pädophiler Frauen anerkannt wird, ohne sie als unwichtig oder irrelevant zu marginalisieren. Des Weiteren wird für mehr Aufklärung geworben und die Notwendigkeit von Entstigmatisierung sowie einem Ende der Abwertung und Ausgrenzung pädophiler Menschen anerkannt.

Weniger positiv ist, dass der ganze Beitrag das Thema Pädophilie nur im Kontext von Kindesmissbrauch behandelt. Auch eine Entstigmatisierung wird nur dadurch motiviert, dass dies zu weniger Taten führen würde. Und obwohl durchaus gesagt wird, dass ein signifikanter Anteil der Täter:innen von Kindesmissbrauch nicht pädophil sind, wird auch das Thema Prävention nur im Zusammenhang mit Pädophilie betrachtet.

Enttäuschend ist ebenfalls, dass mit Rubricappula (hier unter dem Namen „Lisa“) und mit Georg von Schicksal und Herausforderung e. V. zwar zwei Betroffene zu Wort kommen, allerdings nicht, wenn es um das Erleben des Stigmas geht, was das eigentliche Hauptthema des Beitrags ist. Und wer könnte die Folgen von Stigmatisierung besser erläutern, als diejenigen, die davon direkt betroffen sind? Leider wird die Erklärung an dieser kritischen Stelle stattdessen Fachexperten überlassen.

Zwar ist es richtig, dass Entstigmatisierung und Kinderschutz keine gegensätzlichen Ziele sind, sondern Hand in Hand gehen. Trotzdem reichen die destruktiven Folgen des Stigmas deutlich weiter, was nicht unerwähnt bleiben darf. Stigmatisierung macht Betroffene verwundbar für gesellschaftliche Diskriminierung, soziale Isolation, Gewalt und Hasskriminalität sowie psychische und körperliche Folgeerkrankungen, insbesondere Depressionserkrankungen und erhöhte Suizidalität.

Menschen aufgrund einer Eigenschaft zu stigmatisieren, die sie sich nicht ausgesucht haben, ist ein Unrecht für sich. Es nur dann als Unrecht zu erklären, weil dadurch ein Risiko für Straftaten erhöht werde ist auf groteske Weise selbst inhärent stigmatisierend und entwürdigend, indem es eine Sichtweise fördert, die Pädophile vor allem als potenzielle Gefahr statt als Menschen sieht. Die Botschaft lautet so am Ende nämlich: „seid nett zu denen, sonst werden sie noch gefährlicher als sie ohnehin schon sind.“

Der Beitrag kann im Original hier angehört werden.