News vom 28.01.2024

Wie angekündigt wurde am Donnerstag die fast 900 Seiten umfassende ForuM-Studie zu Missbrauchsfällen in der evangelischen Kirche veröffentlicht.

In der ganzen Studie wird das Thema Pädophilie fast gar nicht erwähnt. Dies ist erfreulich und zeigt, dass den Autor:innen eine saubere Differenzierung zwischen Missbrauch und Pädophilie weitestgehend gelungen ist.

Ein Teilprojekt von Dr. Safiye Tozdan und Prof. Peer Briken vom UKE Hamburg sah vor, durch Interviews mit Beschuldigten unter anderen auch den Anteil Pädophiler unter den Täter:innen abzuschätzen. Diese Analyse konnte mangels Teilnehmer:innen allerdings am Ende nicht durchgeführt werden. In einem anderen Teilprojekt wurden Akten von Beschuldigten analysiert, mit dem Ergebnis, dass lediglich bei etwa 5 % ein Hinweis auf eine Pädophilie gefunden werden konnte. Da psychologische Untersuchungen allerdings nur bei einem sehr geringen Anteil der Beschuldigten durchgeführt wurden, lässt sich daraus nicht ableiten, wie hoch der Anteil Pädophiler insgesamt war.

Auch die Reaktionen und die mediale Berichterstattung verzichtete größtenteils darauf, die Täter:innen als Pädophile zu bezeichnen. Dies ist durchaus bemerkenswert, da bei ähnlichen Studien in der katholischen Kirche auch in seriösen Medien Erzählungen von „pädophilen Priestern“ weit verbreitet sind. Eine Ausnahme bildet lediglich der Landesbischof von Braunschweig Dr. Christoph Meyns, der in einer Stellungnahme versuchte sich mit der Aussage zu rechtfertigen, dass „Kindesmissbrauch oder Pädophilie […] die absolute Ausnahme unter den bisher bekannt gewordenen Fällen“ seien, und damit Pädophilie mit Missbrauch gleichsetzte. Die Stellungnahme wurde vom evangelischen Pressedienst wörtlich übernommen, und landete dadurch unter anderem bei der Welt, der Süddeutschen und der FAZ.

Ob unsere Präventionskampagne auch einen Anteil daran hatte, dass der Großteil der Berichterstattung nicht gegen Pädophile stigmatisiert hat, lässt sich leider nicht sagen. Wir wissen von mehreren Teilnehmer:innen, dass im Rahmen der Aktionswoche insgesamt Dutzende Pressestellen angeschrieben wurden, soweit wir wissen sind aber alle Anfragen unbeantwortet geblieben.